Gabriele Hasler und Günter Baby Sommer

“Fundstücke“

Haben sie schon mal von Luftschubsen gehört? Bei der Vokalistin Gabriele Hasler können sie an einem Workshop zum Luftschubsen teilnehmen. Diese Wortkreation fasst irgendwie alles in einem Wort zusammen, was es zu Gabriele Hasler zu schreiben gäbe. Sie zählt zu den bekanntesten zeitgenössischen Vokalistinen. Jener Art von SängerInnen, die sich von der klassischen Definition des Singens weg zu einer mehr intrumentalistischen Interpretation bewegen. Begonnen hat sie ihre musikalische Karriere mit dem Jazzgesangsstudium am Berklee College in Boston, sie gewann den SWF Jazzpreis, gründete ihr eigenes Plattenlabel „Foolish Music“, veröffentlichte bereits 18 eigene Alben. Von Beginn an war ihr Interesse auf Jazz und improvisierte Musik fokussiert, und sie ist als Lyrikerin, Sängerin und Komponistin tätig. Ihr neuestes Werk „Fundstücke“ ist im Duo mit dem Schlagzeuger und Percussionist Günter Baby Sommer entstanden. Aufgenommen wurde das Album im Sendesaal des Radio Bremen, welches auch der Kooperationspartner des Albums geworden ist. Zwei Stücke sind von Hasler allein, die restlichen von den beiden gemeinsam kreiiert. „Das Floß ist eine Netzmaschine, Das Meer ist eine Blaumaschine, Spatzenmanschette“ ist ein kleiner Auszug aus dem Titel „Pfirsichmaschine“. Ein modernes Gedicht auf der Basis eines durch das ewig wiederkehrende Riff fast meditativ wirkenden Vibraphons. In der Beschreibung ihres Luftschubs-Workshop fallen Begriffe wie „gesungene Gespinste, gestammelte Hörichte, Voicepainting und gesummte Stille“. So lassen sich auch die „Fundstücke“ dieses Albums beschreiben. Beide Protagonisten sind Improvisateure per Excellence, sie fügen das jeweilige individuelle, wilde Denken spielerisch in gemeinsame Formen und trotz freier Improvisation auf die Platte. Es ist ein echtes Stück gegenwärtiger Kunst geworden, kreativ, moderne Lyrik harmonisch mit Musik untermalt und auf keinen Fall berechenbar.

CD, 2016, 15 Tracks, Label: Laika Records

Anja Klein

01.12.2016