Janis Ian

“Folk is the New Black“

Ob Janis Ians neuer, zwanzigster CD, Joan Baez’ Tournee durch die großen Hallen und der Wiederkehr von Melanie spricht die Berliner Morgenpost von einem „Generalplan“ der ergrauten Hippies und Folksängerinnen, ja sogar einer „Renaissance des Lagerfeuerliedes“. Janis Ian stellt dazu im Titelsong fest: „Put your ear to the ground, there’s a buzz about a new type of song. They call it folk, and what it does is make you want to sing along… ‘cause folk is the new black”. Und ganz ehrlich, ich kann mich nicht erinnern, ob ich Dinge je wieder so ernst gemeint habe, wie damals auf Rüstzeit mit der Gitarre am Lagerfeuer. Auch da wusste man schon, dass man allein nicht viel erreichen kann, dass das Leben und die Liebe beschwerlich sind und viele Gefahren da draußen warten. Aber vielleicht wäre man heute nicht die, die man ist, wenn man nicht Musik wie die von Janis Ian hätte, damit sie die kleinen Geschichten vom Leben (Life is never wrong, Jackie skates), von Liebe und Schmerz (All those promises) und von Zuhause (Home is the heart) erzählt. Aber auch um zu hören, wie laut eine leise Stimme zu einer Gitarre sein kann, wenn sie vom großen Ganzen, von Politik und Krieg singt (Danger danger, The Great Divide, The last train). Und genau, wie einem die Freunde vom Lagerfeuer bleiben, so bleibt auch die Musik. Und wenn ich heute – älter, abgeklärter, zynischer – diese Musik höre, dann kommt es wieder, dieses Gefühl, dass es doch etwas bringt, anders zu sein, eigenständig zu denken, seine Meinung zu sagen und Lieder am Lagerfeuer zu singen. Und deshalb steht „Folk is the New Black“ jetzt gleichwertig neben Janis Joplin, Patti Smith, Tracy Chapman, Laura Nyro und vielen anderen in meinem CD-Schrank. Folk ist Musik von Hand gemacht. Sozusagen ehrliches Handwerk. Und das hat Janis Ian, als erfahrene Folksängerin und Songwriterin gelernt. Deshalb kann sie in drei Tagen live ein rundes Album nur mit ihrer Gitarre und gelegentlicher Begleitung durch Jim Brock (Schlagzeug), Viktor Krauss (Bass, Gitarre) und Carson Whitsett (Orgel) aufnehmen. Alles in allem ist „Folk is the New Black“ ein stilles, eingängiges Album mit hervorragenden Texten und ordentlicher Gitarrenmusik.

CD, 2005, 15 Tracks, www.janisian.com, Label: Rude Girl Records

Nadine Hartung

20.04.2006