Julia Holter

“Ekstasis“

Schon Anfang des Jahres bejubelte die Musikpresse unisono „Ekstasis“, das zweite Album der kanadischen Musikerin Julia Holter, das bislang nur als Import erhältlich war. Jetzt ist es – dank Domino Records – auch in Europa zu haben, was ein großes Glück ist, und zwar für alle. Das klingt großspurig und übertrieben? Ist es aber nicht, denn „Ekstasis“ ist ein kleines Wunder: die in Los Angeles geborene Multiinstrumentalistin Holter studierte Klassische Musik und Komposition am renommierten California Institute of the Arts, ist in ihrem eigenen Schaffen dem Pop aber genauso verpflichtet wie Klassik- und Experimentalmusik, was sich schon auf ihrem Debütalbum „Tragedy“ zeigte. „Ekstasis“ ist so perfekt wie spielerisch, die Stücke schweben entrückt durch den Raum, sind gleichzeitig aber ungemein zugänglich und ja, poppig. Die Musik auf „Ekstasis“ ist klug, nicht nur wegen der Texte, die voller literarischer Anspielungen sind – Holter denkt alle nur vorstellbaren musikalischen Stile von Folk bis Electro mit, macht träumerische, sehnsuchtsvolle Zeit- und Genrereisen, verzettelt sich aber nicht. „Ekstasis“ ist eine Entführung in ein mysteriöses Wunderland, man tritt wahrhaftig für kurze Zeit aus sich heraus, ist maßlos verzückt – was der Begriff Ekstase im Griechischen bedeutet. Vergleiche lassen sich am ehesten zu AusnahmekünstlerInnen wie Laurie Anderson, Arthur Russell oder Kate Bush herstellen, Leuten, die ebenfalls zwischen Pop und Avantgarde keine strengen Grenzen ziehen. Am Allerbesten aber denkt man über „Ekstasis“ nicht zu viel nach, sondern gibt sich diesen unbeschreiblich schönen Tracks einfach ekstatisch hin – vor allem „Our Sorrows“ und „Goddess Eyes I & II“ sollte man in dieser dunklen Jahreszeit gehört haben.

CD, 2012, 10 Tracks, Label: Domino/GoodToGo

Christina Mohr

18.12.2012