Doctorella

“Drogen und Psychologen“

Die Zwillingsschwestern Kerstin und Sandra Grether sind im hiesigen Popkulturbetrieb keine Unbekannten: beide schrieben schon in jungen Jahren für die SPEX, etwas später gründete Sandra Deutschlands erste und bisher einzige Riot Grrrl-Band Parole Trixie, Kerstin veröffentlichte ihren Roman „Zuckerbabys“. Doch genug von der Vergangenheit, jetzt kommt Doctorella! Mit dieser Band erfüllen sich Sandra und Kerstin ihren Herzenswunsch, selbst Musik zu machen: beide singen, texten und komponieren, Sandra spielt Gitarre, Kerstin Keyboard. Mit Mesut Molnár am Schlagzeug und Jakob Groothoff am Bass haben sie nach langer Vorbereitungszeit endlich das perfekte Line-up für Doctorella gefunden. Das Album „Drogen und Psychologen“ zeigt einerseits die große Liebe der Grether-Schwestern zum Pop: Einflüsse von den Strokes über Hildegard Knef, Velvet Underground, The Knife, Blondie und die Lassie Singers lassen sich ausmachen, Indie-Glamour galore. Das absolut Besondere an Doctorella ist aber Kerstins und Sandras Art zu texten: gegenwärtig, poetisch, direkt, romantisch und revolutionär. „Träum den übernächsten Traum“ singen sie, und wollen das nicht als mädchenhafte Spinnerei verstanden wissen, sondern als ganz realistische Utopie. Songs wie der Titeltrack, „Ich hol dich aus dem Irrenhaus“, „Liebe Stadt“, „Lass uns Märchenwesen sein“ (in dem sie das Kinderlied „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“ zitieren und ganz nebenbei zum kapitalismuskritischen Song umdefinieren) oder das bissige „Die Reichen tragen schwarz“ zeigen, wie klug deutscher Pop sein kann, wenn man sich nur traut.

CD, 2012, 12 Tracks, Label: ZickZack

Christina Mohr

27.03.2012