Brody Dalle

“Diploid Love“

Wer sich fragt, wer – außer Gossip vielleicht – das Vermächtnis der Riot Grrrls weiterführt, kann aufhören zu suchen. Brody Dalles Album „Diploid Love“ kommt mit derart viel Power um die Ecke, dass die geneigte Hörerin davon ganz aufgeputscht wird. 
Zunächst erstaunt es, dass „Diploid Love“ tatsächlich Mrs Dalles erstes Soloalbum ist: seit über zwanzig Jahren ist die 1979 in Melbourne geborene Musikerin und Songschreiberin in verschiedenen Bands aktiv. Schon ihre erste Band Sourpuss erregte jede Menge Aufmerksamkeit, nach ihrem Umzug in die USA der Liebe wegen gründete sie 1997 The Distillers, später Spinnerette; sang/shoutete mit Queens of the Stone Age (mit deren Sänger Josh Homme sie rein zufällig verheiratet ist) und spielte Gitarre auf einem Hole-Album. Die Richtung sollte klar sein: Brody Dalle steht für Rock härterer Spielart. Man bezeichnet sie als Punk-Poetin, doch Punk ist „Diploid Love“ nicht: eher rauher, absolut umwerfender, pushy Post-Grunge – oder eben Post-Riot-Grrrlsm. Die Single „Meet The Foetus/Oh The Joy“ wurde schon vor einigen Monaten veröffentlicht und hebt eine/n auch beim –zigsten Hördurchgang schlicht aus den Schuhen: rasante Tempowechsel und Freundinnen-Backgroundgesang von Shirley Manson (!) und Emily Kokal (Warpaint) ergeben eine beflügelnde, aufrührerische Mischung, zu der man rumhopsen, stagediven, pogen will und ist doch kein reiner Partysong: zentrales Thema der Stücke ist neben psychischen Problemen generell Dalles massive postnatale Depression nach der Geburt ihrer zweiten Tochter. „Meet The Foetus“ war Aufhänger und Kickstart für „Diploid Love“, das mit neun Tracks knapp und auf den Punkt gehalten ist. Bis auf ein paar Gastauftritte spielt Brody Dalle alle Instrumente selbst und weiß genau, dass strenge Genregrenzen doof sind: „Don´t Mess With Me“ featuret Mariachi-Bläser, „Carry On“ baut auf einen straighten Discobeat, „I Don´t Need Your Love“ ist die intensive Ballade, die auf jedes gute Rockalbum gehört. „Diploid Love“ ist stark, mutig, intensiv und tough – Superplatte!

CD, 2014, 9 Tracks, Label: Caroline/Universal

Christina Mohr

06.05.2014