Saint Jude
“Diary of a Soul Fiend“
Die Kritiken überschlagen sich vor Begeisterung: Von “…Musik wie sie sein sollte…“ und gar „…kommenden Superstars…“ ist die Rede. Also – etwas bahnbrechend Neues oder einer dieser öden Hypes? Keines von beidem. Einfach rauer, kraftvoller, ungekünstelter Rock’n’Roll mit einem Schuss Soul in der klassischen Besetzung git, keys, b, dr. Ohne Soundspielereien oder Schnickschnack. Definitiv britisch, aber vom Britpop meilenweit entfernt. Verpackt in Songs, die sofort ins Ohr gehen. Und die Sängerin: „Das Beste, was seit gefühlten 100 Jahren zu hören war“, jubelt Ulf Kubanke von „laut“. Was steckt dahinter? Fünf Londoner, die nach eigenem Bekunden Led Zeppelin, Janis Joplin, Aretha Franklin, die Rolling Stones und die Faces mit der Muttermilch aufgesogen haben. Diese Einflüsse lassen sich durchaus heraushören, werden aber nie platt kopiert, sondern liefern den Drive für die frischen Eigenkompositionen, für die Mastermind Adam Greene zusammen mit Sängerin Lynne Jackaman verantwortlich zeichnet. Jackaman wird oft mit Janis Joplin verglichen, vor allem live erinnert nicht nur die Stimmpower, sondern auch das Timbre an das große Vorbild. Zudem sieht die Mittzwanzigerin so aus, wie es sich die stets mit ihrem Äußeren unzufriedene Joplin wohl gewünscht hätte… Und einer der größten Saint Jude-Fans ist Ron Wood, der live gern mal mit in die Saiten greift und auch bei einem Stück der LP („Garden of Eden“) zu hören ist. Was kann da schon schief gehen?
Die zehn Stücke auf der in Nashville und Kentucky aufgenommenen und von Rolling Stones-Producer Chris Kimsey betreuten Debüt-CD bieten schnelle Abgeh-Nummern wie das erste, „Soul on Fire“. Dann Gänsehaut-Balladen (soulig „Down this Road“, ergreifend das schlichte „Down and Out“, mit wunderschöner Melodie „Rivers and Streams“) – man spürt die Hand direkt zum Feuerzeug zucken, um beim Open Air Festival zusammen mit Tausenden Gleichgesinnter für Atmosphäre zu sorgen! Heavy geht’s weiter: „Pleased to Meet You“. Zu vergleichen mit der 1973 aufgelösten Band Stone the Crows; wer erinnert sich noch an deren geniale Sängerin Maggie Bell? Alles groovt, nirgendwo klemmt’s, alles klingt nach viel Spielfreude. Als hätten die 1960er, 70er Jahre nie geendet: Musik, wie sie sein sollte.
CD, 2010, 10 Songs, Label: Saint Jude Records
Fee Kuhn05.12.2010