Kim Wilde

“Come Out And Play“

Kim Wilde ist zurück – und anders als 2003, als sie mit Nena „Anyplace, Anywhere, Anytime“ sang, gibt es jetzt ein richtiges neues Album von ihr. Das ist erstmal ein echter Grund zur Freude, schließlich gehören ihre Hits wie „Kids in America“ zu den schöneren Hinterlassenschaften der 1980’er Jahre. Dass sich Wilde zwecks Familiengründung aus dem Popgeschäft zurückzog und im britischen Fernsehen als Hobbygärtnerin wieder auftauchte („Garden Invaders“ auf Channel 4), macht sie zudem enorm sympathisch. Ob es Nena zu verdanken ist, dass Kim Wilde wieder Lust auf die Musik bekam, kann man nur vermuten: gemeinsam mit Bruder Ricky, Sohn Harry und alten Weggefährten wie Nik Kershaw nahm Kim jedenfalls ganze dreizehn neue Stücke auf. Die Vorabsingle „Lights Down Low“ mit jubilierenden Synthies und euphorisierender Mitsing-Melodie macht rundum gute Laune und steigert die Spannung. Insgesamt verhält es sich mit „Come Out And Play“ aber ähnlich wie mit dem neuen Album von OMD: Da ist dieser typische Sound, die vertraute nasale Stimme… und doch vermisst man etwas: nämlich wirklich gute Songs. Der rockende Opener „King Of the World“, der einem verstorbenen Freund gewidmet ist, gehört neben der Single, dem punkigen „This Paranoia“ (an der Gitarre: Kims Sohn) und dem fröhlichen „Get Out“ zu den Höhepunkten der Platte. Auch das zarte Liedchen über Kims Terrierdame „Jessica“ ist wunderschön. Die beiden Duette allerdings hätten Wilde, Wilde, Wilde & Co. besser weggelassen: obwohl die Paarungen reizvoll klingen („Greatest Journey“ singt Kim gemeinsam mit Glen Gregory von Heaven 17, „Love Conquers All“ mit Nik Kershaw), sind die Stücke viel zu pompös und überladen, in diesen Bombasthymnen offenbart sich das Schreckensgesicht der Achtziger. Auch die kreischende E-Gitarre auf „Suicide“ (ver-)stört, und dass das prägnante Riff von „Hey! You!“ Ton für Ton von Depeche Modes „Personal Jesus“ übernommen und das nicht mal im Booklet vermerkt wurde, ist ärgerlich. Aber: trotz aller berechtigten Kritik hört man „Come Out And Play“ an, dass alle Beteiligten so richtig Spaß haben. Kein Comeback-Pflichtprogramm, sondern Musikmachen des Musikmachens wegen. Also ein herzliches welcome back!, Mrs. Wilde!

CD, 2010, 13 Tracks, Label: Columbia/Sony

Christina Mohr

02.09.2010