Barbara Dennerlein
“Christmas Soul“
Als erklärte Skeptikerin in Sachen Weihnachtsalben war ich nicht gerade freudiger Erwartung, als ich Barbara Dennerlein’s Album „Christmas Soul“ in die Hand nahm. „Noch so eine Platte mit Dschingeling-Gedöns“, dachte ich mir. Und wenn auch klar war, dass eine weltweit erfolgreiche Jazzorganistin wie Barbara Dennerlein – vom renommierten Magazin Downbeat mehrfach zur „Instrumentalistin des Jahres“ gewählt und seit 2013 Mitglied in der „Hammond Hall Of Fame“ – bestimmt keine solche Platte machen würde, war ich dennoch überrascht, als die ersten Takte des Openers „Christmas Time“ erklangen. Dunkel-warme Hammond-Orgelakkorde, ein spannender Beat auf den Toms (vom finnischen Percussionisten Abdissa Assefa), dann die luftig-schöne Stimme der englischen Sängerin Zara McFarlane und eine federleichte Flötenmelodie (Magnus Lindgren). Auch das nächste schwungvolle „Let It Snow“ ist nicht mehr als das tausendfach durchgenudelte Stück zu erkennen. Dennerlein’s ungemein variables Spiel – die Basslinien spielt sie mit den Fußpedalen – und spannende Soli auf ihrer Hammond B3, die fast 200 kg schwer und mit 30 Zugriegeln, Schaltern und Tasten ausgestattet rund 250 Mio. Klangkombinationen bietet, sind nicht nur für Jazzfans und OrgelfreundInnen ein Genuss. Es heißt, die Musikerin hat mit ihrer kreativen All Star Band und dem italienischen Produzenten Nicola Conte in Bari bei 32 Grad aufgenommen. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum die Musik nichts mit der zuckersüßen Klebrigkeit gängiger Weihnachtshits gemein hat, die alles Dunkle, Schwere und Abgründige aussparen. Bei Dennerlein ist es zu finden und außerdem die geballte Ladung musikalischer Kreativität. Mit dieser Art Weihnachtserwartung kann ich mich definitiv anfreunden.
MELODIVA CD Tipp Dezember 2015
CD, 2015, 13 Tracks, Label: MPS
Mane Stelzer20.12.2015