Niobe

“Child Of Paradise“

Dass die ersten fünf Songs von Niobes neuem Album eher percussion- und groove-betont sind und die restlichen sieben sanft und introvertiert, ist kein Zufall, sondern Konzept: „Child of Paradise“ war ursprünglich als reine Vinyl-Veröffentlichung gedacht und sollte eine tanzbare und eine entspanntere Seite haben. Das neue Kölner Label Onglagoo Records, das sich der Verbreitung exotisch-anspruchsvoller Electronica verschrieben hat, entschloss sich dann doch, auch eine CD herauszubringen, was der Exklusivität von „Child Of Paradise“ keinen Abbruch tut. Yvonne Cornelius alias Niobe, Kölner Musikerin mit venezolanischen Wurzeln, die David Byrne und Cindy Sherman zu ihren ergebenen Fans zählen kann, fügt ihrem faszinierenden Soundspektrum neue Facetten hinzu: Funk-, Soul-, Latin- und Jazzrhythmen treffen auf Chanson, Ambient, Psychedelik und Electro; noch stärker als auf den Vorgängerplatten „The Cclose Calll“ und „Black Bird´s Echo“ kostet die klassisch ausgebildete Sängerin alle Möglichkeiten ihrer Stimme aus. Trotz des großen Stil- und Detailreichtums ist „Child of Paradise“ keine autistische Frickelparade, sondern höchst zugänglich, ja geradewegs verführerisch.
Sind Tracks wie „James“ oder „Spin The Ball“ auch kein mainstreamiges Chartfutter, geben sie doch eine Ahnung davon, wie moderner Soul oder R’n’B heutzutage klingen könnte – wenn er in die richtigen Hände gerät. Niobes Musik ist experimentell, aufwändig, anspruchsvoll und schlicht zu schlau, um ganz groß raus zu kommen. Wer ihre Platten jedoch für sich entdeckt, wird ihr für immer zu Füßen liegen.

CD, 2014, 12 Tracks, Label: Onglagoo Records

Christina Mohr

14.07.2014