Florence and the Machine
“Ceremonials“
Mit ihrem Album „Lungs“ gelang der flammendrothaarigen Londonerin Florence Welch 2009 ein Überraschungserfolg – als hätte die ganze Welt auf den sehnsuchtsvollen Opulenzpop von Florence and the Machine nur gewartet. Die heute 25-jährige Sängerin und ihre Band waren auf einmal überall, traten bei den Grammy Awards und in TV-Shows auf und die schöne Florence zierte viele Magazincover. Bei ihrer neuen Platte „Ceremonials“ legen Florence and the Machine noch eine Schippe drauf: noch bombastischere Arrangements, mehr Hall, mehr Chorgesang, noch stärker ausgeprägte Laut-Leise-Kontraste, mehr Drama. Florence selbst nennt ihre Musik „massiv und gewaltig“ und dass sie nicht anders könne als Pop-Epen zu schaffen, die einen „umhauen“ (Zitat). Tatsächlich sind Songs wie „Only If For A Night“, „All This and Heaven Too“ und „Leave My Body“ enorm wuchtig instrumentiert und ehrfurchtsgebietend emotional: bei Florence gibt es keine Zwischentöne, die Dinge sind entweder schlimm oder schön, halbe Sachen interessieren sie nicht. Auf Dauer ist diese geballte Ladung hymnischer Leidenschaft ganz schön anstrengend – zum Glück hat Florence in der Mitte des Albums zweieinhalb leichtfüßige, poppige, beinah tanzbare Stücke untergebracht („Lover to Lover“, „Seven Devils“), die ein bisschen frische Luft ins sakrale Gewölbe bringen. „Ceremonials“ ist die ideale Winterplatte für Leute, denen richtiger Gothic zu schwarz ist. Was ich aber überhaupt nicht verstehe: warum wird Florence ständig und überall mit Kate Bush verglichen? Weder ähneln sich die Stimmen noch hat Bush jemals so im Barock geschwelgt wie Florence and the Machine.
CD, 2011, 12 Tracks, Label: Island
Christina Mohr30.10.2011