Mercedes Sosa

“Cantora“

Auf ihrem letzten Album umgibt sich Mercedes Sosa mit der Crème de la Crème der lateinamerikanischen Musikwelt. Im Duett mit Shakira bekommt die kubanische Sozialismus-Hymne „La Maza“ plötzlich eine poppige Note, neben Rock, Schlagern und argentinischem „Zamba“ fließt sogar ein bisschen Hiphop in die Produktion dieses Albums ein. Trotz der neunzehn verschiedenen Gastkünstlerinnen und -künstler hört man aber keine musikalischen Experimente. So klingt „Cantora“ recht konventionell. Die Auswahl lebt unter anderem von den vielen schönen Melodien, dem großen Können der Beteiligten und Mercedes Sosas unverkennbarer Altstimme. Wer Rang und Namen hat, duettierte mit ihr: Altmeister der politisch motivierten „nueva canción“ wie Caetano Veloso oder Charly García, die durch den Film „Frida“ bekannt gewordene Mexikanerin Lila Downs, der brasilianische Superstar Daniela Mercury. Wirklich großartig an „Cantora“ sind die starken Emotionen, die Mercedes Sosa und alle ihre Gäste ausstrahlen. „La Negrita“, so ihr Spitzname in Argentinien, steht für eine internationale Generation politischer Songwriter, die unermüdlich gegen die menschenverachtende Gewalt der Militärdiktaturen, gegen soziale Ungleichheit, für Verschleppte und Ermordete gesungen haben. Manche haben Freunde oder Familienmitglieder verloren, andere mussten wie Mercedes Sosa ins Exil oder sangen im Untergrund. Dass so viele aus diesem Kreis der Künstlerin für „Cantora“ zur Seite gestanden haben, verleiht dem Album eine unvergleichliche Intensität. Nicht nur das macht „Cantora“ zu einem rührenden Erbe. Sondern auch, dass Mercedes Sosa diesmal nicht den Ton angibt. Vielmehr erweist sie den meisten ihrer Duettpartnerinnen und -partnern die Ehre, indem sie deren eigene Songs mit ihnen interpretiert. Niemand wusste, dass es eine letzte Ehre sein würde. (Mercedes Sosa starb im September 2009.)

CD, 2009, 19 Tracks, Label: Sony Music

Angelika Calmez

23.11.2009