Lana Del Rey

“Born To Die“

Über Lana Del Rey ist alles gesagt, jedes Geheimnis gelüftet: unter ihrem echten Namen Lizzy Grant versuchte sich die Tochter eines Internetunternehmers aus Lake Placid vor einigen Jahren schon einmal erfolglos als Popstar, ihr aktueller Künstlername setzt sich aus Hollywoodstar Lana Turner und dem Ford-Modell Del Rey zusammen, ihre Lippen sind aufgespritzt, die Fingernägel und Wimpern angeklebt, das Haar dauergewellt – mehr herausgestellte Künstlichkeit war selten, allerdings nicht wie bei Lady Gaga als ironisch exaltierte Parodie der Pop-Gegenwart, sondern retromanische Gefühle antriggernd. Lana Del Rey, die sich als „Ghetto Nancy Sinatra“ bezeichnet, spielt in ihren bei youtube Rekordklickzahlen erreichenden Videos mit einer vagen Fünfzigerjahre-Ästhetik, deren nostalgische Verklärung einer längst vergangenen Zeit mit all ihren Stereotypen allerhöchstens durch die angedeuteten HipHop-Beats in ihren Songs gebrochen wird. Ihr penetrant angekündigtes, aber auch heiß erwartetes Album „Born To Die“ (die pseudo-morbide Antwort auf Gagas „Born This Way“) erfüllt die Erwartungen nur zum Teil, zu einem kleinen Teil, genauer gesagt. Del Reys mit „Video Games“, „Blue Jeans“ und „Off to the Races“ erfolgreich eingeführter „Sadcore“ ist auch nur diese drei Stücke lang interessant: träge-verschleppte Beats, Lanas kummerverhangene Stimme und üppige Geigenteppiche, vermischt zu anrührenden Slowtempo-Balladen. Wenn aber dasselbe Muster auf zwölf Tracks angewandt wird, ist das Ergebnis ziemlich langweilig, zumal der geneigten Hörerin spätestens nach sechs Nummern Del Reys immergleiche textliche Inszenierung als sitzengelassenes Bad Girl, das mal ein Good Girl war, auf den Zeiger geht, auch wenn ihre Stimme wirklich großartig ist … kurz: dass Amazon „Born to Die“ am Ersterscheinungstag für fünf Euro zum Download anbietet, sagt eigentlich schon alles.

CD, 2012, 12 Tracks, Label: Vertigo

Christina Mohr

31.01.2012