Good Weather Girl
“Boon“
Manche Bands liefern der Rezensentin gleich mehrere Steilvorlagen, Good Weather Girl aus Camden Town, London zum Beispiel: Um eines toten Freundes zu gedenken, nahmen Dion Lucas und ihr Bruder Shem den Song „Don’t Worry“ auf und stellten ihn ins Netz. Gordon und Wolfgang vom Frankfurter Label Hazelwood fanden „Don’t Worry“, verliebten sich in den Track und kontaktierten die Geschwister. Dion und Shem zierten sich zunächst, ließen sich schließlich aber doch überzeugen, dass ein komplettes Album her muss und gingen ins Studio – und vergaßen beinah zu erwähnen, dass sie die Kinder der legendären Soo Catwoman sind, die in der Londoner Punkszene der siebziger Jahre eine ganz wichtige Rolle spielte. Das nennt man wohl britisches Understatement… Trotz des jugendlichen Alters der Lucas-Geschwister ist „Boon“ ein Nostalgie-Album für die Spätachtziger-Generation: Zwölf schrammelige, minimalistisch ausgestattete Indie-Gitarrenpopsongs, die man Akustikpunk oder Punkfolk nennen kann. Bands wie die Throwing Muses, Wedding Present oder die Vaselines kommen einem in den Sinn; Dions heiseres Stimmchen liegt immer etwas schief neben der Melodie und erinnert an die junge Björk zu guten, alten Sugarcubes-Zeiten. „Black Coffee Days“, „Summer’s Here Again“, „I Haven’t Seen Paris“ und natürlich „Don’t Worry“ sind die kleinen, feinen Hits dieses charmanten Albums, das man eigentlich auf Kassette aufnehmen und auf dem alten Recorder abspielen müsste, den man im Studentenwohnheim hatte.
CD, 2010, 15 Tracks, Label: Hazelwood
Christina Mohr22.04.2010