Robyn

“Body Talk Pt. I“

Vor knapp vier Jahren veröffentlichten Chicks on Speed den Sampler „Girl Monster“, in dessen Booklet der „Fembot“ und das „Girl Monster“ als Archetypen des weiblichen Popstars definiert wurden. Diven wie Kylie Minogue und Madonna dienten als Beispiele für den „Fembot“, „Girl Monster“ sind unangepasste Musikerinnen vom Kaliber der jungen Courtney Love. Ob die Schwedin Robyn besagten Sampler kennt, wissen wir nicht, aber 2008 hatte sie die zweifelhafte Ehre, Fembot Madonna auf ihrer „Sticky and Sweet“-Tour zu supporten – das Publikum liebte Robyn, auch wenn sie mit der runtergedrehten Anlage zu kämpfen hatte: Madonna befürchtete wohl, dass ihr die Elevin die Show stiehlt. Vielleicht führte diese Erfahrung zu „Fembot“, einem comichaft-verschmitzten Song auf dem ersten Teil von Robyns girlmonsterigem Vorhaben, in diesem Jahr drei EPs herauszubringen. „Body Talk Pt. I“ besteht aus acht Tracks, ist also fast ein komplettes Album mit dem Vorteil, dass man sich jeden einzelnen Song gut merken kann. Ein Tipp für eigentlich alle KünstlerInnen: lieber regelmäßig kurze, knappe EPs veröffentlichen, anstatt alle paar Jahre ein Album mit 28 Songs vollknallen! Zurück zu „Body Talk Pt. I“: mit verhangener Stimme geißelt sich Robyn, „my smoking is killing me, my drinking is killing me“ – dann geht es straight auf den Dancefloor. „Don’t Fucking Tell Me What To Do“, „Fembot“, „Dancing on my Own“ und „Cry When You Get Older“ sind fett produzierte, basslastige und vor allem lustige Clubtracks mit 70’er- und 80’er-Referenzen. Eurotrash, Chartpop, HipHop, Reggae und Clubbeats spazieren auf dem schmalen Grat zwischen Spaß und Ironie, die Refrains gehen zuckersüß ins Ohr und die Beine wollen dazu tanzen, tanzen, tanzen. Humor ist übrigens nur eine von Robyns vielen positiven Eigenschaften: selbstbewusst lebt sie mit ihrer Vergangenheit als softiger Pseudo-R’n’B-Kinderstar und morphte lässig zur krediblen Dance- und Elektropop-Künstlerin. Geschmähten schwedischen Erfolgacts wie Ace of Base und Doctor Alban setzt sie mit dem von Diplo produzierten „Dancehall Queen“ ein Denkmal, schließlich kann sie nachfühlen, wie es ist, wenn man musikalisch nicht ernst genommen wird (siehe oben). Kooperation ist ihr ebenfalls wichtig, Robyn sang auf dem Röyksopp-Track „The Girl and the Robot“, Torbjørn Brundtland und Svein Berge unterstützen sie bei „None of Dem“. Mit dem schwedischen Volkslied „Jag Vet En Dejlig Rosa“ endet „Body Talk Pt. I“ zart und fragil – völlig konträr zum heftig pumpenden Einstieg und ein Beweis dafür, dass von Robyn künftig viel mehr zu erwarten ist, als die Einheizerin für alternde Fembots zu geben. Be prepared für „Body Talk Pt. II & III“!


CD, 2010, 8 Tracks, Label: Ministry of Sound

Christina Mohr

11.07.2010