Niobe

“Black Bird’s Echo“

Ein neues Album von Yvonne Cornelius alias Niobe ist immer ein Erlebnis, das ist auch bei „Black Bird’s Echo“, dem fünften Album der Kölnerin so: zum ersten Mal arbeitete die ausgebildete Opernsängerin, Komponistin und Elektrofricklerin nicht allein an ihren Tracks, sondern kooperierte mit amerikanischen Jazzmusikern, nahm zum ersten Mal nicht in Köln auf, sondern nutzte ein Studio in New York City. Das Ergebnis ist offener als ihre früheren Aufnahmen wie z.B. das Vorgängeralbum „White Hats“, ohne Niobes ganz eigene Handschrift zu verleugnen. Niobe kann eingängige Songs wie z.B. „My Conversion“ schreiben, changierend zwischen Jazz, Soul und Electronica, doch an purer Gefälligkeit liegt ihr herzlich wenig: sie kombiniert Drum’n’Bass mit Latingrooves („DJ Olive Plays“), lässt bei „Ava Gardner at the Swimmingpool“ Swing- und Vaudevilleelemente miteinander tanzen oder verfremdet ihre eigene, im Übrigen fantastische Soulstimme bis zur Unkenntlichkeit. Vergleiche mit CocoRosie fallen häufig, aber Niobe ist ernsthafter, „erwachsener“ als die Cassady-Schwestern – wo CocoRosie in anarchisches Lärmen verfallen, nimmt Niobe lieber nochmal zwanzig neue Spuren auf, um die ideale Struktur zu finden. Auffällig sind die filmischen Momente ihrer Musik: „Lovely Day in Exshaw“ zum Beispiel baut aus gepfiffenen Melodiefragmenten eine schwebend-zwielichtige Stimmung, an anderer Stelle zerreisst ein Hitchcock-hafter Schrei die trügerische Stille, dazu tröten nostalgische Jazztrompeten; „A Shark“ verströmt relaxte Loungeatmosphäre mit plätschernden Wellen, entspannter Percussion und lässigen Gitarren. „Black Bird’s Echo“ steckt voller Überraschungen und unerwarteter, surrealistischer Wendungen, doch Niobe verliert niemals den Faden.

CD, 2009, 12 Tracks, Label: Tomlab

Christina Mohr

28.06.2009