Quadro Nuevo

Einmal mehr wagt das Weltmusik- und Jazzquartett Quadro Nuevo ein musikalisches Abenteuer. Ein Quartett, das eine unverwechselbare Klangfarbe mit akustischen Instrumenten (Blockflöten, Harfe, Salterio) herzustellen vermag, mit der alles-oder-nichts-Bezeichnung „Weltmusik“ Preise abräumt wie dem „ECHO Jazz“, bringt mit „Bethlehem“ ein Album mit Weihnachtsliedern heraus. Das verblüfft und der geneigte Leser ahnt, dass bei diesen Voraussetzungen diese CD ungewöhnlich werden muss. Zu den Details: Die CD umfasst satte 20 Titel, die teils aus einheimischen Weihnachtsliedern, dann aber auch Liedern bestehen, die nichts mit Weihnachten zu tun haben. Darunter ein Lied des polnischen Juden Hirsch Glik, der dieses Lied im Ghetto von Vilnius komponierte und 1944 ums Leben kam. Dieses Lied wird umrahmt von zwei traditionsreichen deutschen Weihnachtsliedern, nämlich dem ersten Titel „Ich steh an deiner Krippen hier“ und „Tochter Zion“. Da entstehen schroffe Gegensätze, die eine rührselige Weihnachtsidylle im Keim ersticken lässt. Aber für Mulo Francel, dem Leader des Quartetts, ist das kein Gegensatz. So heißt es auf der CD zum ersten Titel „Ich steh an deiner Krippen hier“, dass sich die Musiker mit diesem Album bewusst auf den Weg nach Bethelem zur Krippe gemacht haben, denn „wir brauchen das Kind in der Krippe, weil es uns den Weg der Liebe zeigt“. Dieser Weg der Liebe steht auch über der Shoa als einer tiefsten und schrecklichsten Stunden der Menschheit und bleibt bis heute Hoffnung für die Menschheit.
Musikalisch besticht einmal mehr die kongeniale Jazz-Harfenistin Evelyn Huber, die den Stücken eine besondere Leichtigkeit verleiht. Das Quartett wird verstärkt von Joscho Stephan (git) und Chris Gall (p), der insbesondere den vorletzten Titel „Rorate!“ aus der katholischen vorweihnachtlichen Liturgie in ein bezauberndes, leicht melancholisches Stück mit „Pariser Flair“ verwandelt. Überhaupt trifft „Verwandlung“ auf das Album „Bethlehem“ zu: die traditionellen Lieder aus verschiedenen Ländern und Volksgruppen werden von den vier Musikern so verwandelt, dass sie wie Quadro Nuevo klingen, aber nichts an ihrem ernsthaften Inhalt verlieren. Die Rezensentin folgt gerne der Einladung der vier Musiker nach Bethlehem, verneigt sich aber auch vor diesem musikalischen Kunstwerk.

MELODIVA CD Tipp Dezember 2013