V.A.

“Beat Fräuleins: Female Pop in Germany 1964 – 1968“

Ach ja, das deutsche „Fräulein“ – aus feministischer Sicht natürlich ein problematischer Begriff, der in den 1960er Jahren aber Hochkonjunktur hatte. Fräuleins waren nett, patent und sexy und machten manchmal auch Musik: Die beiden „Funky Fräuleins“-Compilations des Hamburger Labels bureau b kamen so gut an, dass die jetzt erschienenen „Beat Fräuleins“ nur folgerichtig sind. Nach bewährtem Muster wurden 19 originelle, vergessene und denkwürdige Songs ausgegraben, diesmal aus den mittleren bis späteren Sixties, als man auch in Deutschland Gitarre und Schlagzeug in etwas härterer Gangart bediente. Viele Schlagersängerinnen wollten ihr braves Image loswerden und verschrieben sich der Beatmusik, die Ergebnisse gerieten zuweilen eher unfreiwillig komisch denn tough: Conny
Froboess wurde auch mit dem an die Shangri-la´s angelehnten „Und das Leben geht weiter“ ihr Badesee-Image nicht los; das Supremes-Cover „Was hab ich dir getan?“ („Stop! In the Name of Love“) von den Jacob Sisters (!!) hingegen verdient einen Spitzenplatz in der Rubrik „skurrile Interpretationen“. Bekannt und gut ist Inga Rumpfs Version von Sonny & Chers „The Beat Goes On“; Marion Maerz’ „Er ist wieder da“ ist eine echte Perle, die Bernd Begemanns vehemente Begeisterung für Frau Maerz mehr als rechtfertigt. Bei der Beat-Mania wollte auch die Deutsche Demokratische Republik nicht hintanstehen: Ruth Brandins „Mich hat noch keiner beim Twist geküsst“ riss die Kids auf FDJ-Parties zu hemmungslosem Tanze hin, bei Chris Doerk und ihrer Orgel-Schnulze „Und du bist nicht mehr allein“ durfte dann eng geschwoft werden. Unerwartet nachdenklich und geradezu frauenbewegt präsentiert sich Caterina Valente mit „Kismet“, und mit „Einsamer Boy“ von Wencke Myhre klingen die Beat Fräuleins auf dicken Geigenteppichen aus.

CD, 2012, 19 Tracks, Label: bureau B

Christina Mohr

16.01.2012