Lissie

Schon das Cover von Lissie’s neustem Streich ist ein Hingucker, denn es ist ein Book-let im wahrsten Sinn des Wortes. In Buchform sind neben – leider sehr klein gedruckten – Lyrics ihrer 16 (!) Songs Fotos vom ländlichen Charme ihrer Heimatstadt Rock Islands in Illinois zu sehen, wo Lissie aufgewachsen ist. Als sie dort ihre Großeltern besuchte und alte Photoalben anschaute, kam eine Sehnsucht nach der Zeit ihrer Kindheit hoch, die dem wundervollen Titelstück „Back To Forever“ ihren Namen gab: „Der Geruch von frisch geschnittenem Gras an einem heißen Tag, das Zwitschern der Vögel – diese Ruhe. Das alles erinnert mich an meine Kindheit. Und fühlt sich für mich wie die Ewigkeit an“. Los geht es aber erstmal mit „The Habit“ und „Further Away (Romance Police)“, in denen es um Beziehungen geht, die frau beenden und um Männer geht, die man wegschicken sollte. In „Shameless“ wehrt sie sich gegen den Celebrity-Wahn der Hochglanzmagazine, die Frauen vorschreiben, wie sie zu sein haben (nämlich schön). Ein Highlight bildet der berührend-wütende Song „Mountaintop Removal“, in dem es um immer neue (Bau-)Projekte geht, die aus Erde Dreck machen und alles für immer ruinieren, was gewachsen ist. Überhaupt redet Lissie Tacheles und so manche Hookline kommt schön rockig daher. Die typische Twangwang-Gitarre von Lissie, ihre leicht raue und doch kräftige Stimme und grandiose Songideen sind klare Pluspunkte der Platte; insgesamt hat der Wechsel zu Produzent Garret „Jacknife“ Lee (REM, U2, Snow Patrol) Lissie’s ungeschliffener Indiemusik aber nicht so gut getan und ihr so manches Mal ein paar Backingvocal-schwere Refrains zu viel beschert. Vielleicht hätten 12 Songs auch gereicht. Davon mal abgesehen – sehr empfehlenswert.

MELODIVA CD Tipp Oktober 2013