Saif Al-Khayyat & Nora Thiele

“Babylonian Dreams – Ahlam Babiliyya“

„Tradition bedeutet nicht, die Asche zu bewahren, sondern das Feuer weiterzugeben“. Dieses Zitat des englischen Humanisten Thomas Morus im Booklet von „Ahlam Babiliyya“ haben sich der irakische Oudspieler Saif Al-Khayyat und die Percussionistin Nora Thiele bei der Konzeption ihres ersten Albums zu eigen gemacht, entführen in die Welt der traditionellen und modernen irakischen „Maqammusik“ und entwickeln diese mit Improvisationen und eigenen Stücken weiter. Das Duo hat sich 2001 an der Musikhochschule in Leipzig kennen gelernt – Al-Khayyat war aus dem Irak geflohen und begann ein neues Leben in Deutschland – und kurz darauf erstmalig ein Konzert gegeben. Damals waren die langen freien Einleitungen (Taqsim), die dem jeweiligen Maquam (dem verwendeten Tonsystem) vorangehen und in eine bestimmte Stimmung versetzen sollen, noch ungewohnt für Thiele, die in orientalischer Musik noch unerfahren war und ungeduldig auf ihren Einsatz wartete. Heute ist sie eine gefragte Percussionistin, die sich in der internationalen Rahmentrommel-Szene als Musikerin und Komponistin einen Namen gemacht hat. Al-Khayyat ließ sich bei seinen Kompositionen von der blühenden Schönheit und kulturellen Vielfalt der vergangenen babylonischen Welt inspirieren, und nahm die Krisen und Kriege in der arabischen Welt, die das kulturelle Erbe zu zerstören drohen, zum Anlass für dieses sagenhafte Werk. Percussion und Oud (quasi die „Großmutter“ unserer Gitarre) verschmelzen auf dem Album in musikalischer Meditation, wie es das Duo formuliert: „Wie ein scheinbar ins Unendliche fließender Wasserstrom, trägt der Rhythmus die Seufzer, die Klagen und wild, tänzerischen Freudenjauchzer der Oud“. Schöner hätten wir es auch nicht sagen können. Empfehlenswert!

MELODIVA CD Tipp Juni 2014

CD, 2014, 9 Tracks, Label: Talanton

Mane Stelzer

14.07.2014