Stereo Total

“Baby Ouh“

Man muss sich Françoise Cactus und Brezel Göring als glückliches Kreativpaar vorstellen: seit 1993 zusammen (als Stereo Total, über das Private wissen wir natürlich nichts), alle zwei Jahre eine neue Platte, dazwischen ausgiebige Welttourneen, dann wieder Berlin, Wollita-Kunstpreise verleihen, Filmmusik für Buttgereit aufnehmen, dann ins Studio und zackzack, mal eben vierzig neue Songs eintüten. Ideen gehen den beiden begeisterungsfähigen Kosmopoliten nie aus, und falls doch, nehmen sie eben ein Album mit alten Songs auf Spanisch auf (wie kürzlich: „No Controles“). Dass Françoise und Brezel noch Bock auf Stereo Total haben, darf man also voraussetzen. Aber wie ist das mit den Fans? Reißt es sie immer noch zu Entgrenzungsstürmen hin, wenn eine neue Platte des Elektropop-Chanson-Disco-Punk-Duos erscheint? „Baby Ouh“ hat jedenfalls das Zeug, eine Stereo Total-Lieblingsplatte zu werden: Beschränkt auf „nur“ siebzehn Songs (na ja, mit dem Hidden Track eigentlich achtzehn), um die Geduld ihres Publikums nicht zu strapazieren, noch dazu sind die Stücke ziemlich kurz. Die beiden nennen es ihr „R’n’R‘-Album: Romantisch und Rebellisch. Alles Stereo Total-Essenzielle ist dabei: Lieder über Celebrities (Divine und Andy Warhol, dem auch qua Cover gehuldigt wird), Lieder auf Französisch und anderen Sprachen („Larmes de Métal“, „Elles te Bottent, mes Bottes?“), Sex- und Gendertrouble (Brezel singt „I Wanna Be A Mama“, Françoise dagegen: „Babyboom ohne mich“), Coverversionen (Rita Pavones „Wenn ich ein Junge wär'“/in den späten Siebzigern von Nina Hagen verpunkt; „Radio Song“, Text von Udo Lindenberg), berühmte Freunde an Bord („Du bist gut zu Vögeln“, Text von Wolfgang Müller), Liebeslieder („Alaska“). Und die Musik? Cheapo-Elektrofiepen, hysterische Gitarre und Hinternwackel-Beats. Also alles Bestens. Ouh!

Stereo Total ab Mai auf großer Europatour!

CD, 2010, 17 Tracks, Label: Disko B

Christina Mohr

28.03.2010