Bê Betina Ignacio
“Azul“
Dem meeresblauen Wasser entsteigt Bê auf dem Cover ihres neuen Albums „Azul“, während sie im Leporello-Begleitheft träumend in einer blauen Hängematte liegt, vor ihr das blaue Meer, dahinter am Horizont blaue Berge und die untergehende Sonne. Blau ist die Stimmung auf diesen Bildern, und Musik für die blaue Stunde ist es auch, die uns die Sängerin auf ihrem neuen Album präsentieren möchte. 20 überwiegend relaxte Tracks für die Stunde der Dämmerung, für die herbstliche Zeit des Jahres, wenn die Schatten lang werden und die Gedanken in die Ferne schweifen.
Nach einem sanften akustischen Intro („Murmurio“)steigt Bê mit „Rhythm of the Sea“ ein, einem Lied, das dem Geist des Albums verkörpert. „Azul … ist komplett am Wasser, am Meer komponiert worden! Ganz nah dran am Ursprung“, so die Sängerin. Erstmals singt Bê auf diesem Album auch auf Englisch – wobei die zwei englischen Titel für mich zu den am wenigsten gelungenen Tracks des Albums zählen. „Rhythm of the Sea“ , dessen Refrain man schon nach einem Durchgang mitsingen kann, könnte für Baccardi-Werbung herhalten und „Sweet Promise“ klingt wie tausend Mal gehörte brasilianische Lounge-Musik. Wenn Bê allerdings auf Portugiesisch singt, zur dezenten Akustikbegleitung von Gitarre oder Cavaquinho und ohne irgendwelche elektronischen Soundteppiche, dann klingt sie am schönsten. Dann streicheln ihre Songs die Sinne und wir träumen uns weg. Wie auf dem Titeltrack „Azul“, wo Bês Stimme sanft von der Gitarre begleitet und von einem Streicherarrangement umrahmt wird, auf dem Outro „Murmurio“ mit viel Perkussion, oder auf „Essencial“, wo ein entspannter Dialog alleine zwischen ihrer Stimme und dem Piano entsteht -die m.E. schönsten Stücke auf der Scheibe. Jeder Titel ist übrigens zwei Mal auf dem Album vertreten, wobei die zweite „Essencial edit“ Akustik-Version aus meiner Sicht stets die gelungenere ist. Aber das ist Geschmacksache.
Im Vergleich zum letzten Album „Mistura Natural“, das eine eher gefällige lateinamerikanisch angehauchte Rhythmik mit seichten Popelementen bot, ist „Azul“ eine deutliche Reife anzumerken, bzw. anzuhören. „Azul“: Ein musikalisch und stimmlich schönes, fast durchhörbares Album für die blauen Herbsttage.
CD, 2011, 20 Tracks, Label: BMG, Label: BMG
Tina Adomako11.10.2011