Schnermann’s Poetryclan
“All What Love“
„All What Love“ ist eine ungewöhnliche CD – eine Mischung aus Hörbuch und wundervoller Jazz Musik. Auf dem Album werden englische Gedichte in deutscher Übersetzung von bekannten Stimmen vorgetragen. Der Kölner Pianist Andreas Schnermann hat Musik für die klassischen Poeme komponiert. Mit wohlklingender Stimme singt Inga Lühning die Originaltexte, mal warm und verführerisch, mal leicht und poppig. Begleitet wird sie von den perfekt dosierten Klängen des Poetryclans und des Cologne Contemporary String Sextet, die den Gedichten einen ganz und gar zeitgenössischen Anstrich geben. Entstanden ist eine völlig neue Art, sich den Werken von William Shakespeare, Lord Byron, Thomas Lovell Beddoes, Philipp Larkin, Edna St. Vincent Millay und anderen DichterInnen der Insel anzunähern. Joachim Król eröffnet den Reigen mit Rupert Brookes 1911 entstandenem „Libido“, ein heißes Liebesgedicht und das einzige auf der CD, das nicht von Inga Lühning in gesungener Version vorliegt. Dadurch wird von Anfang an klar, dass die Lyrik hier die zentrale Rolle spielt. Die Musik ist jedoch mehr als bloßes Beiwerk, sie ist das tragende Element, das den Gedichten eine neue emotionale Intensität verleiht. Nach dem schweren Einstiegsgedicht folgt ein entspanntes, leicht poppiges Jazzlied mit einem modernen Text von Johannes Tröger. Erst mit dem dritten Stück beginnt die Verschmelzung von Musik und Poesie. Christian Bruckner intoniert ein trauriges Abschiedsgedicht von Philipp Larkin, dessen gefühlvolle Jazzinterpretation dem Dichter sicher gefallen hätte. Auf Maria Schraders leicht melancholische Rezitation eines Sonetts von Edna St. Vincent Millay folgt Otto Sanders unverwechselbar sonore, tragende Stimme mit einem Byron-Gedicht, während Heio von Stetten eher humorvoll und leicht ironisch ein Poem von Yeats vorträgt. Dazwischen immer wieder die fein modulierte Stimme von Inga Lühning, die mal ins Poppige gleitet, mal eine gefühlvolle Ballade präsentiert. Das Geniale an dieser CD ist, dass „Schnermann‘s Poetryclan“ aus den meist traurigen Gedichten keine schwerfällige Musik macht, sondern der vertonten Lyrik eine erfrischende Leichtigkeit verschafft. Geschmeidige Piano-Soli, virtuose Gitarreninterludien, temporeiche Saxophoneinlagen machen aus Versen und Sonetten, in denen es um Gefühle wie Sehnsucht, Verlust, Angst und Melancholie geht, sehr genießbare Jazzstücke. Diese emotionale Intensität so leicht, schwungvoll und fragil umzusetzen ist der wunderbare Verdienst des Gesamt-Ensembles. „All What Love“ ist eine geniale Art, Gedichte, die in die Literatur eingegangen sind, aber heute überwiegend wohl eher von Englisch-LK Schülern und Anglistik-Studenten gelesen werden, einem breiten Publikum näher zu bringen. Meine Empfehlung: unbedingt rein hören.
CD, 2011, 22 Tracks, Label: Tinseltown Records
Tina Adomako28.06.2011