Fishbach
“À ta merci“
Begeisterte Fans haben „À ta merci“ schon im letzten Jahr aus dem Frankreichurlaub mitgebracht – aber wie auch bei anderen französischen Acts wie Christine and the Queens oder Jeanne Added wurde mit der Veröffentlichung des Debütalbums von Fishbach in Deutschland ein gutes Jahr gewartet. Aber von dieser kleinen Verzögerung wird die Musik von Flora Fischbach (das „s“ flog inzwischen aus dem Nachnamen raus) natürlich kein bisschen schlechter, „À ta merci“ packt eine/n zu jeder Jahreszeit. Dass Fishbach ihre musikalische Laufbahn in einer Metalband begonnen hat, ist kaum zu spüren, die zwölf Songs des Albums (plus fünf Bonus-Liveaufnahmen auf der „Deluxe“-Ausgabe) schwelgen in dunkelbunten Achtziger-Elektro-Referenzen, ohne dezidiert retrospektiv zu sein. Fishbach zitiert dezent, aber wirkungsvoll französische Popklassiker: Ältere mögen bei „Éternité“ an Les Rita Mitsouko denken, oder bei „Ma voie lactée“ an France Gall, man fühlt sich jedenfalls gleich sehr zuhause bei Fishbach – wobei es die 25-jährige Musikerin und Sängerin aus Dieppe der geneigten Hörerin nicht zu gemütlich macht. „À ta merci“ baut auf Kontraste: auf eine Ballade folgt ein technoider Dance-Track, Wave-Beats auf Chansoneskes, wahrhaftig keine Soundtapete zum Nebenbeihören. Die Stücke sind komplex und labyrinthisch konstruiert – und dabei höchst eingängig und tanzbar. Und ach, diese Stimme: Tief, dunkel, mal melancholisch, immer stark und selbstbewusst. Fishbach hat kein Interesse daran, das Klischee der Pop-Lolita zu bedienen. Sie gibt sich bewusst androgyn, spielt das Spiel um größtmögliche Sexyness nicht mit, hebt sich durch Eleganz, Distanziertheit und schlichtweg tolle Musik vom Mainstream ab.
CD, 2018, 12 Tracks, Label: Columbia
Christina Mohr28.02.2018