Sophie Hunger
“Halluzinationen“
Bei wenigen Künstler*innen warte ich so sehr auf Neues wie bei der Schweizerin Sophie Hunger. Nach ihrem Umzug nach Berlin und ihrer CD „Molecules“ (2018), in der sie vom Folk- und Singer-/Songwriter-Genre in den Electropop gewechselt ist, legt sie mit „Halluzinationen“ den konsequenten Nachfolger auf, der gar jazzige Anklänge hat. Er versammelt neben sieben englischsprachigen endlich wieder 4 deutsche Songs. Ihre Songskizzen an Klavier, Synthies und Drummachine entwickelte sie in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Dan Carey in den Abbey Road Studios weiter, dann spielte die Band an zwei Tagen sechsmal das komplette Album von Beginn bis Ende im One-Take-Verfahren ein. Nichts durfte nachträglich verändert werden – „volles Risiko“, wie es Hunger nennt. Kein Wunder, dass das Album klingt, als hätte die Schöpferin im Fieberrausch gelegen. Es ist ein ruheloser, traumverlorener Trip mit unheimlich schönen, dunklen Pianoklängen, abgespaceten Synths, wummernden Bässen und nervösen Beats, mittendrin Hunger, die irgendwie verloren wirkt in dieser Welt und in sich selbst. Sie habe Halluzinationen, sagt Sophie Hunger in einem Interview. Sie sehe und höre oft etwas, das nicht da ist und nehme es dann auch noch auf, damit andere es sich anhören könnten. Ihre Inspiration schöpft sie aus dem Unterbewussten, manchmal ist es aber auch einfach nur ein Wort, das ihr gefällt. Meine Lieblingslieder sind schnell gefunden: das bittersüße „Security Check“ und das Schlusslied „Stranger“, nur mit Piano begleitet.
CD, 2020, 10 Tracks, Label: Caroline (Universal Music)
Mane Stelzer24.09.2020