Ganna
“Dykyi Lys – Jazz thing Next Generation Vol. 84“
Wie ein „Wilder Fuchs“ (Dykyi Lys), der durch die Stadt streunt, fühlte sich die Musikerin Ganna Gryniva, als sie 2013 aus einem Dreihundert-Seelendorf in der Ukraine nach Berlin kam. Für sie, die die Stille mochte, war die Großstadt ein Schock. Erst nach und nach fand sie die stillen Orte, die auch Berlin bereithält. Dieser wilde Fuchs findet sich nun als Titel auf ihrer Debüt-CD, die sie als 84. Protagonistin der Talentreihe „Jazz thing Next Generation“ veröffentlicht hat. 9 Stücke, eigene Texte und fremde sind darauf zu finden, und bei einigen lässt sie sich von ukrainischen Folksongs inspirieren. Viele Songs eint das Leitmotiv vom Weggehen in die Fremde. Da ist das kleine Mädchen in „Na Volyu“, das vom Dorf in die große Welt voller Abenteuer zieht, der junge Mann auf einer Odyssee, der Soldat, der in den Kampf zieht. Auch ein Gedicht ihres Vaters, der 2002 mit seinen vier Töchtern nach Deutschland zog und in „Rika“ von seinen Gefühlen schrieb, fand den Weg auf die CD. In „Witer“ schrieb sie einen Folksong um und verlieh dem schutzbedürftigen Mädchen aus dem Original kurzerhand neue Stärke und ein eigenes Pferd. Ganna studierte improvisierten Gesang und macht auch als Performance- und freie Improvisationskünstlerin mit Loop Station von sich reden; Kostproben davon sind auch auf diesem Album zu hören. Ihre Geschichten bebildert sie mit Hilfe ihres Jazzquintetts mit fantasievollen Klanglandschaften, die die Melancholie der ukrainischen Folklore mit traditioneller Jazzmusik und Einflüssen aus der klassischen und der experimentellen Musik in sich vereinen.
CD, 2020, 9 Tracks, Label: Double Moon Records
Mane Stelzer29.08.2020