Susanne Lundeng

“Hold dæ på vingan“

Es gibt vermutlich nur wenige Menschen in Nordnorwegen, die sich so intensiv mit traditioneller Fiddle-Musik beschäftigen wie Susanne Lundeng. Im Laufe ihrer künstlerischen Karriere hat die Violinistin nicht nur eine beträchtliche Anzahl landestypischer Tänze gesammelt und eingespielt (man beachte Projekte wie den Notenband „Slåttebok“ (2012) oder das Vierfachalbum „111 Nordlandsslåtter“ (2015)), sondern auch viele eigene Kompositionen und Liedtexte veröffentlicht. Gemeinsam mit den Musikern Nils-Olav Johansen (Gitarre, LinnStrument, Backvocals) und Erik Nylander (Drums) präsentiert Lundeng auf ihrem zwölften Album „Hold dæ på vingan“ nun eine experimentelle Mischung aus lyrisch oder tänzerisch anmutenden Fiddle-Melodien, ruhigen Gesangsparts, akustischen oder elektronischen Gitarrensounds und rhythmischer Percussion. Ähnlich wie die innere Struktur vieler Kompositionen unterliegt auch die Stimmung der dargebotenen Stücke einem stetigen Wandel. Während sich das zu Beginn des Albums stehende „Hold dæ på vingan“ noch durch seinen energischen Duktus und die faszinierenden Klänge des LinnStruments (MIDI-Controller) auszeichnet, steht beim nachfolgenden „Det å ei“ vor allem Lundengs nachdenklicher Gesang im Vordergrund. Einem eher zyklischen Muster folgt das vitalisierende Stück „Så skjedde det igjen“, dessen buntes instrumentales Treiben unvermittelt durch ein virtuoses Fiddle-Solo unterbrochen wird. In „Hymne fra Nordlandia“ beschreibt die vielseitige Künstlerin nicht nur poetisch die idyllisch wilde Natur ihrer nordischen Heimat, sondern bezaubert auch mit sanftem Gesang und melancholisch ergreifenden Bogenstrichen. Eine geradezu magische Ausstrahlung entwickelt schließlich das Stück „Det berre vil sæ ikke i dag“, welches tranceartige Trommelklänge und gedämpfte Gitarrensounds mit klagendem Violinen-Spiel verbindet. Ein facettenreiches Album, dem der Spagat zwischen Tradition und Moderne vortrefflich gelingt!

CD, 2020, 8 Tracks, Label: Heilo

Stefanie Zimmermann

08.04.2020