Ayọ
“Royal“
Auf ihrem sechsten Album präsentiert sich Ayọ als gereifte und doch experimentierfreudige Künstlerin: Die in Frechen als Joy Olasunmibo Ogunmakin geborene Jazz- und Soulsängerin, Gitarristin und Komponistin hatte „Royal“ ursprünglich als reines Coveralbum konzipiert, entschloss sich aber kurz vor den Aufnahmen noch anders. Sie fürchtete nämlich, ihre Fans könnten denken, dass sie keine Ideen mehr habe. Tatsächlich ging es Ayọ lange Zeit nicht gut, sie litt an Burnout und Depressionen, zweifelte an sich und ihrem Stellenwert als Künstlerin. Inzwischen ist sie wieder voller Tatendrang – und auf „Royal“ sind nur vier Coverversionen gelandet: „Afro Blue“, berühmt geworden durch John Coltranes Interpretation, „Throw It Away“ von Abbey Lincoln, „Fool’s Gold“ und „Né quelque part“. Mit ihrer klaren, starken Stimme kann Ayọ jeden Song zu „ihrem“ Stück machen, aber auch ihre Eigenkompositionen überzeugen: Die Single „Rest Assured“ zum Beispiel oder „Beautiful“, in dem Ayọ davon singt, wie schwer es war, als Schwarze in Deutschland ihre individuelle Schönheit zu akzeptieren – und ermutigt gleichzeitig andere dazu, sich nicht verbiegen und einschüchtern zu lassen. Wie auf früheren Alben streut Ayọ in mehreren Songs wie beispielsweise „I’m In Love“ oder „Like The Ocean“ Reggaerhythmen ein, was dem komplett akustisch eingespielten Album Leichtigkeit und Optimismus verleiht. Die Musiker halten sich zurück, um Ayọs Stimme angemessen leuchten zu lassen, setzen mit Kontrabass, Piano und Akkordeon jazzig-kosmopolitische Akzente. „Royal“ ist das souveräne Comeback einer Künstlerin, die keinen Grund hat, an sich zu zweifeln.
CD, 2020, 12 Tracks, Label: 3ème Bureau / Wagram
Christina Mohr25.02.2020