Maria Emília

Von einer Brasilianerin erwartet man wahrscheinlich eher Bossa-Nova-Klänge. So ist das mit den Klischees. Doch die aus São Paulo stammende Maria Emília hat sich dem Fado verschreiben, diesem portugiesischen Musikstil, mit dem der größte Weltschmerz, die hoffnungsloseste Liebe und die tiefste Sehnsucht ihren musikalischen Ausdruck finden. Dass diese Gefühle nicht nur traurig klingen müssen, zeigt das eröffnende Stück. „Casa de Fado“, das titelgebende Stück dieser CD beginnt eher feurig. Rasend schnell gespielte Gitarrenklänge begleiten die Stimme der Fadista, die ein Lied anstimmt, das fast freudig klingt. Ohne den Text zu verstehen, hatte ich das Gefühl, dass dieser Fado die Botschaft enthält, Freude an Gesang und Gitarrenklängen könnten das Leben erträglich machen. Doch schon beim zweiten Song kommt die gewohnte Fado-Melancholie auf. „Quiera Deus“ wechselt zu Moll und die Fadista singt nun mit klagender Stimme von schicksalhaften Zeiten. Hier hört man die „Saudade“, den Weltschmerz, in jeder Strophe, wie auch auf dem dritten Track „Um dia cheguei-ma a ti“, einem Lied über eine Liebe, die nicht mehr lebt, deren Worte versiegt sind. Mit ausdrucksstarker Stimme singt Maria Emília von vergossenen Tränen, die nichts mehr bewirken können. Trauer und Verlust – das sind die Themen des Fado. Doch so traurig die Lieder alle klingen, es schwingt immer ein wenig Hoffnung mit. Die Klangfarbe der Musik wechselt zwischen dunkel und hell. Es klingen an einigen Stellen sogar ein paar leichtere, fast tänzerische Töne durch. Und auch Maria Emílias Stimme ist mal kraftvoll klagend, mal seufzend sanft. Auf „Minha Paz“ – mein Frieden, dem letzten Stück auf dem Album, bekommen die Ohren jedoch die geballte Ladung Schwermut zu hören, die mit Fado verbunden wird. Die tiefen Bass-Klänge eines trauernden Cellos läuten das Stück ein, es gesellen sich dunkle, getragene Geigentöne dazu und dann setzt die sanfte, seufzende Stimme der Fadista ein und beschwört mit ihrem traurigen Gesang eine melancholische Stimmung hervor, wie sie an einem einsamen verregneten Herbsttag auftreten kann. Ein Finale wie ein großes Tränenvergießen.
Nach einem bunten, lebendigen Sommer bietet diese CD die perfekte musikalische Begleitung für einen ruhigen Herbstabend in Grautönen. Denn ein wenig Sehnsucht, ein wenig Seelenschmerz und ein wenig Moll-Stimmung sind ideal für Abende mit Kerzenlicht und schwerem Rotwein. Für Fado eben.