Lina Maly
“Nur zu Besuch“
Dass einen eine Künstlerin von den ersten Versen an um den Finger wickelt, dass man ihr gebannt an den Lippen hängt und ungläubig die Augen aufreißt, kommt ja jetzt nicht so oft vor (ich glaube, das ist mir zuletzt bei Käthe passiert). Als ich Lina Maly gehört habe, war das der Fall. Gerade mal 19 Jahre jung ist die Hamburgerin, hat soeben ihr Abi gemacht und ist schon bei Warner unter Vertrag. Ob sich das als Glück erweist, sei dahin gestellt. Auf ihrer Platte finden sich jedenfalls die von mir so geliebten Akustik-Versionen von „Schön genug“, „Nur zu Besuch“ und „Meine Leute“, die sie – nur von einem in die Jahre gekommenen Klavier begleitet – singt. Das tut sie sehr tiefgründig-fragil, in sich gekehrt, ergreifend und ehrlich, und trifft mit ihren Texten den Nerv unserer Zeit und die Sorgen ihrer Generation mit erstaunlicher Treffsicherheit. Daneben gibt es die Band-Versionen der Songs sowie elf weitere Lieder, die für meinen Geschmack etwas zu sehr nach deutschsprachigem Einheits-Radiopop klingen, wenn sie auch mitunter mit charmanten Klangfarben instrumentiert sind. Vielleicht geht dabei ein bisschen was von ihrem Charakter verloren, aber trotzdem bleibt „Nur zu Besuch“ ein beeindruckendes Debüt.
MELODIVA CD Tipp September 2016
CD, 2016, 17 Tracks, Label: Warner
Mane Stelzer09.10.2016