Mi Solar
“Tiempo Libre“
Zigarrenduft, ein Glas Rum in der kleinen Bar einer Seitenstraße, vorbeifahrende Autos aus den 60ern und Salsamusik bedienen wohl alle Klischees, die man mit Kuba unwillkürlich in Verbindung bringt. Berlin dagegen passt da irgendwie nicht in das Bild, doch nur auf den ersten Blick, denn die CD „Tiempo Libre“ (übersetzt: Freizeit) belegt etwas anderes. Es ist bereits die dritte CD der Berliner Formation Mi Solar, zu der die Bassistin Maike Scheel 2003 die Idee hatte. In der Frontfrau Mayelis Guyat, die schon als kleines Mädchen vor dem Radio saß und davon träumte, selber mal auf einer Bühne zu stehen, fand sie eine passende Sängerin. Zur Band gehören außerdem der Trompeter Jotham Bleiberg aus der US-amerikanischen Latin-Musikszene, der seine Begeisterung für diese Musik mit nach Berlin brachte, der im Land der Salsamusik, in Kuba aufgewachsene Drummer Walter Doval Martinez, der unkonventionelle französische Pianist Thibault Falk und Florian Schade, welcher schon in früher Kindheit Kontakt zu afrikanischer Musik und Tanz hatte, um mal die Hauptakteure zu nennen. Je nach Stück kommen weitere Musiker hinzu. Alle zwölf Songs der CD sind eigene Stücke, die eine Hälfte ist von Scheel und Guyat geschrieben, die andere Hälfte von Martinez und Bleiberg. Mit „Berlin City“ würdigen die beiden Frauen der Band ihre Heimatstadt, die Stadt mit dem glänzend schönen Schmuddellook, die schräg und multikulturell ist und inspirierend wirkt. Es ist eines der funkigen Stücke der Platte, das einen nicht mehr loslassen will. Der Titelsong „Tiempo Libre“ wartet mit einem schönen, vollem Bläsersatz auf und erzählt vom gemeinsamen Feiern, den guten Dingen des Lebens und davon, einfach die Freizeit mit Musik genießen. „La Musica“ ist mein Anspieltipp, hier wird alles vereint, was Mi Solar aussmacht. Eingängige Grooves mit Salsarhythmen, vor allem aber den Spaß am gemeinsamen Musik machen. Guyat’s einfühlsame starke Stimme, die Rhythmen, die Leichtigkeit der Bläsersounds, die gelungene Kombination mit den mehrstimmigen Backingvocals sind die Zutaten für das Rezept, das Kubafeeling verbreitet – und das alles aus Berlin! Jeder Titel steht für sich, dennoch gibt die Platte ein gelungenes stimmiges musikalisches Bild ab. Musik nicht nur für lauschige Sommerabende.
CD, 2016, 12 Tracks, Label: Galileo Music
Anja Klein23.08.2016