Yellow Bird

“Sing“

Dass dieser Sound aus dem Berlin des 21. Jahrhunderts stammt, will man zuerst nicht meinen. Eher denkt man an den tiefsten Süden der USA und an eine Zeit Anfang bis Mitte des vorigen Jahrhunderts, als SängerInnen wie Hank Williams und Kitty Wells Chart-Topper waren. Doch dann hört man auf einmal die kleinen Brüche, erkennt, dass hier mit dem Hillbilly-Honky-Tonk-Sound gekonnt und witzig gespielt wird. FolkBluegrassCountryRoots-Musik nennt die Band mit dem Sängerinnen-Duo Manon Kahle und Lucia Cadotsch ihre Musik. Die Musiker – neben den Sängerinnen Ronny Graupe an Gitarre, Banjo und Bass, Uli Kempendorff an der Klarinette und Michael Griener am Schlagzeug – covern Klassiker aus den 30er bis 50er Jahren und verleihen ihnen einen ganz eigenen, frechen Sound. Zu den Stücken dieses Debüt-Albums zählen weltberühmte Titel wie „Freight Train“, „Walkin After Midnight“, oder „Your Cheatin‘ Heart“. Mein Favorit ist: „A Thing“, ein nahezu a capella gesungenes zweistimmiges Liedchen, in dem Manon Kahles helle Sopranstimme und der dunklere Timbre von Lucia Cadotsch erst am Schluss von einer minimalistisch eingesetzten Gitarre ergänzt wird.
Eigentlich ist die ganze Scheibe reizvoll, weil hier ironisch und witzig mit einem ur-amerikanischen Sound gespielt wird. Klassische Herz-Schmerz-Lieder wie das oben erwähnte „Your Cheatin‘ Heart“ oder „Bury Me Beneath The Willow“ werden so spritzig und vergnüglich dargeboten, dass es schwer fällt, nicht zu schmunzeln. Die sich überschlagenden Stimmen des Gesangsduos, das Gefiedele nach bester Südstaatenart, das Wechselspiel der übrigen Instrumente, das alles klingt leicht mokant und ist erfrischend und originell. Das Albumcover ist übrigens auch sehr lustig. Yiiiieeeehaaaw!

CD, 2015, 15 Tracks, Label: Enja

Tina Adomako

23.02.2015