Etta Scollo

“Lunaria“

In einer schwarz-grauen CD Box kommt das neue Album von Etta Scolla daher. Blättert man durchs Booklet, sieht man einen mittelalterlich gekleideten Mann durch die Seiten spazieren. Mal schwebt er, auf dem Mond sitzend über den Dächern einer Stadt. Dann wird der Mond auf der Ladefläche eines dreirädrigen Piaggios weggefahren, gefolgt von einer Prozession dunkel umhüllter Frauen, Munchs Schrei im Hintergrund. Albtraumhafte, surrealistische Bilder auf jeder Seite. Die dunkle Nacht, der geheimnisvolle Mond, der Traum – das ist Lunaria.
Das Album ist dem 2012 verstorbenen Schriftsteller Vincenzo Consolo gewidmet, dessen gleichnamiger Roman der Sängerin als Inspiration diente. Für ihre musikalische Interpretation hat sich Etta Scollo vor allem an das lyrische Fragment „Nächtlicher Schrecken“ gehalten, dessen Geschichte eines Königs, der vom Herabfallen des Mondes träumt, die Textvorlagen für die Tracks des Albums liefert.
Das Album öffnet mit der kristallklaren Stimme der Sängerin, die ein gebetähnliches Lied intoniert, sanft von Laute und Cello begleitet. Bei geschlossenen Augen stellt man sich leicht Nonnen im Kloster beim Abendgesang vor. Doch dann schwenkt das Lied um, wird zum schwingenden Tanzliedchen. Dazwischen intoniert immer wieder eine sonore Männerstimme Textpassagen. Mittelalterliche Musikelemente treffen auf mediterrane Klänge. Zwischen wohlklingendem gregorianischem Klostergesang sind Ingredienzien von Flamenco bis Fado zu hören. Ein gelungenes Zusammenspiel von alt und neu, stimmig, harmonisch, entspannend und von Albtraum so weit weg wie ein beruhigendes Wiegenlied: suspendi, attendi, fabiano…

CD, 2014, 13 Tracks, Label: Q-rious Music

Tina Adomako

23.06.2014