Tonia Reeh
“Fight Of The Stupid“
Wow, was für ein Album! Hatte „Boykiller“ in 2011 schon Aufsehen erregt, wird „Fight of the Stupid“ Tonia Reehs Ruf als Songwriterin der besonderen Art noch untermauern. Zur Erinnerung: bis vor Kurzem war die Berlinerin als Monotekktoni unterwegs und fabrizierte elektronisch verzerrten Höllenlärm mit parolenartigen Aufrütteltexten zum an-die-Wände-sprühen. Doch dann wollte die klassisch ausgebildete Musikerin und Opernsängerin (!) nicht mehr so stark von technischem Gerät abhängig sein, besann sich auf ihre meisterlichen Fähigkeiten am Klavier und ihren „bürgerlichen“ Namen – mit mindestens so umwerfender Wirkung wie in ihrer elektronifizierten Monotekktoni-Persona. Denn Klavier + Stimme + ein paar andere akustische Instrumente bedeutet bei Tonia Reeh nicht etwa den Umschwung zu säuselnd-ätherischen Songgespinsten: auch „unplugged“ ist Reeh hörbar wütend auf herrschende Verhältnisse und tradierte Rollenbilder, zum Beispiel in „The Defeated Woman“, in dem sie ihre eigene, schonungslose Sicht auf Mutterschaft und Eltern“glück“ in die Tasten hämmert. „Fight Of The Stupid“ ist intensiv und fordernd, dramatisch, powerful und grollend – aber auch eingängig und lustig: in „Cancer Dancer“ haben sich Splitterchen der Nineties-Clubhymne „Rhythm Is A Dancer“ eingeschmuggelt, andernorts überschlagen sich die Blechbläser (Unterstützung kommt von Jakobus Siebels, Mense Reents und Omar Rodríguez-López/Bosnian Rainbows) – entfernt vergleichbar mit Amanda Palmer, nur weniger theatralisch, mehr in-your-face. Unbedingter Tipp!!
CD, 2013, 11 Tracks, Label: Clouds Hill
Christina Mohr03.09.2013