Gemma Ray
“Down Baby Down“
An den Platten von Gemma Ray schätze ich besonders, dass sie nie um einen einzigen Hit herum gestrickt sind. Die 1980 in Essex geborene Wahlberlinerin baut auf ihre Skills an der Gitarre, mit der sie sich inzwischen einen eigenständigen, unverwechselbaren Stil erspielt hat. Düster, nostalgisch und melancholisch, ein bisschen geheimnisvoll mit surf- und twang-Elementen – als führe Dick Dale auf dem Lost Highway einer ungewissen Zukunft entgegen. Auf ihrem neuen, fünften Soloalbum verzichtet die Singer-/Songwriterin sogar fast vollständig auf Gesang, sie selbst bezeichnet die halbstündige Klangreise als „Fantasy Soundtrack“. Tatsächlich klang Gemma Rays Musik schon immer score-tauglich, doch noch nie so eindeutig wie auf „Down Baby Down“. Ray löst sich von konventionellen Strukturen, sie schafft Atmosphären: mal ruhig und entspannt („Gozo Theme“, „The Low Rising“), dann wieder düster-experimentell wie in „Carpathian Lullaby“ und „No Star“. Die Gitarre wird von Orgel, Bass oder gestrichenem Schlagzeug begleitet, untermalt oder konterkariert, steht aber immer im Zentrum der oft nur anskizzierten Tracks. In „Say You Love Me“ und „The Letter“ lässt Gemma Ray ihre Stimme erklingen, und beinah kommen einem die Worte wie Fremdkörper innerhalb dieser scheinbar so absichtslosen Musik vor – obwohl es natürlich ein weiterer besonderer Genuss ist, Gemma singen zu hören. „Down Baby Down“ ist kein lautes Album, das „kauf mich!“ schreit. Aber wie gesagt, genau diese Eigenschaft ist ja das Tolle an Künstlerin und Werk.
CD, 2013, 10 Tracks, Label: Bronzerat
Christina Mohr16.03.2013