Tina Dico

“Where Do You Go To Disappear“

Die dänische Singer-/Songwriterin ist nach langen Jahren des Tourens und aus-dem-Koffer-Lebens sesshaft geworden, ausgerechnet in Island, der Liebe wegen. Folgerichtig entstand ihr neues, fünftes Studioalbum dort, unter Mitwirkung ihres Lebensgefährten, des Singer-/Songwriters Helgi Jónsson (bei dessen Album „Big Spring“ (2011) sie übrigens ebenfalls mitwirkte). Doch wer jetzt noch folkigere, naturverbundene Singer-/Songwriter-Musik von Dico erwartet, irrt. Da sind epische Soundflächen, Beats wie monumentale Eisberge, die sich unbeirrt ihren Weg bahnen, spacige Instrumentierungen, aber auch neue Pianoklänge, die zu ihrem eigenen Gitarrenspiel vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten hinzufügen. Mit ihrer wunderschönen, leicht rauen und markanten Stimme singt sie in “Point Of No Return” von der Hoffnung darauf, sich selbst zu überwinden und neue Wege zu beschreiten und in „Moon To Let“ fantasiert sie vom Trip zu einem Mond, bei dem man die „bad people“ zurücklassen und ein neues Leben anfangen kann. „Sunrise“ ist schließlich ein vielstimmiges, großartiges Manifest für den Zauber des Wandels, das ebenso wie das leicht flower-power-gefärbte „The Time Of Our Lives“ eine Rückschau auf das eigene Leben ist. Es scheint, als hätte Dico zur Ruhe gefunden, auf ihren reichen Erfahrungsschatz zurückzublicken (ironischerweise blitzt hier und da denn auch 60/70er Jahre Flair in der Musik auf). Seit kurzem sind Dico und Jónsson übrigens zu dritt, denn sie sind im Juli Eltern geworden – auf die nächsten Platten der beiden dürfen wir gespannt sein.

MELODIVA CD Tipp September 2012

CD, 2012, 12 Tracks, Label: Finest Gramophone

Mane Stelzer

19.09.2012