Cold Specks

“I Predict A Graceful Expulsion“

Man soll ja nicht vergleichen, ich mach’ es aber trotzdem: im vergangenen Jahr begeisterte die äthiopisch-finnische Musikerin Mirel Wagner mit ihrer dunklen Neudefinition des Blues Fans und KritikerInnen. Dass sich eine junge Frau mit Leib und Seele einem so altmodischen wie männerdominierten Stil verschreibt und dann noch ein so tolles Debütalbum herausbringt, ist beeindruckend. Bei „I Predict A Graceful Expulsion“, dem Debüt von Al Spx alias Cold Specks, sind ähnliche Reaktionen zu erwarten. Die 23-jährige Kanadierin gräbt tief in den Traditionen des amerikanischen Storytelling, des frühen Soul, Folk und Blues. Ihre Stimme erinnert an die große Folksängerin Odetta und an Janis Joplin, und diese Stimme ist es auch, die die elf Songs dominiert: rau und verletzlich, aber auch stark und unbeugsam wirkt Cold Specks bei „Send Your Youth“ oder „Blank Maps“. Man hört ihr gerne zu und doch bewegt „I Predict…“ die geneigte Hörerin nicht so stark wie Mirel Wagners Musik. Woran liegt das? Cold Specks und ihre Band (Gitarre, Piano, Cello, ein wenig Saxofon und Percussion) machen nichts wirklich falsch, wagen aber auch wenig; dito Producer Rob Ellis (PJ Harvey, Marianne Faithfull), der sich zu sehr auf die reizvolle Verbindung aus junger Künstlerin und traditioneller Musik verlässt. Am Spannendsten wird es bei „Holland“, wo das Tempo anzieht und etwas Bewegung ins Spiel kommt. „Doom Soul“ nennt Al Spx ihre Musik und man weiß, dass sie es sich wünscht, verdammt und soulful zu klingen. Aber Cold Specks wird nicht von den Höllenhunden gehetzt, die Mirel Wagner heimsuchen. „I Predict A Graceful Repulsion“ ist ein Album, das trotz perfekter Bestandteile nicht wirklich zu berühren vermag.

CD, 2012, 11 Tracks, Label: Mute - Aip

Christina Mohr

21.08.2012