Defne Sahin

“Yasamak“

Was viele Menschen nicht wissen: der Spruch „Leben wie ein Baum, einzeln und frei, und brüderlich wie ein Wald. Das ist unsere Sehnsucht“, stammt von einem der bedeutendsten türkischen Poeten, Nazim Hikmet (1902-1963), der viele Jahre seines Lebens aufgrund seiner Gesinnung im Gefängnis verbrachte. Die Berliner Sängerin Defne Sahin hat sich nun auf ihrem Debut seiner Lyrik bedient und diese Weisheit gleich für das Titelstück Yasamak verwendet. „Er war der erste türkische Dichter, dessen Texte mir begegneten. Ich war noch klein, als ich sein ‚Lasst uns die Erde den Kindern übergeben‘ hörte, und es beeindruckte mich sehr. Ich las mehr und mehr von ihm. Schließlich habe ich eine Verbindung zu ihm gefunden: Dieser Freiheitsgedanke, die Sehnsucht nach neuen Orten – das habe ich mit ihm gemeinsam.“ Anders als ihre türkischstämmigen Eltern, die seit 30 Jahren in Berlin leben, zog es sie schon als Jugendliche in die Welt hinaus: zuerst in die USA, wo sie den Jazz für sich entdeckte, später nach Brasilien und Südafrika, um sich musikalisch inspirieren zu lassen. Eine fundierte Ausbildung bekam sie am Jazzinstitut in Berlin. In Barcelona schließlich entstand der Großteil ihrer Songs für das erste Album, das sie mit Matti Klein an Klavier und Rhodes, dem aus Israel stammenden Bassisten Ofer Wetzler und der spanischen Schlagzeugerin Lucia Martínez einspielte. Wer ihren Mix aus Jazz und Pop mit einigen Prisen Orient und Bossa Nova hört, kann sich am Klang ihrer klaren Stimme und der lautmalerischen, türkischen Sprache erfreuen, sollte aber unbedingt die englischsprachige Übersetzung im Booklet zu Hilfe nehmen, um die Tiefe der Hikmet’schen Texte und das Gesamtkunstwerk Sahins zu erfassen.

MELODIVA CD Tipp November 2011

CD, 2011, 12 Tracks, Label: Double Moon

Mane Stelzer

11.12.2011