Beyoncé
“4“
Zwei Fragen stellen sich gleich zu Beginn: 1.: Warum verkleidet sich die schöne Beyoncé auf dem Cover ihres neuen Albums als Shakira-Lookalike im Neandertaler-Dress? Und 2.: Wem oder was verdankt sich die Rückkehr der jaulenden Achtzigerjahre-E-Gitarre, die auf Lady Gagas aktueller Platte mehr als nötig präsent ist und auch von ihrer Busenfreundin Beyoncé im Albumopener „1+1“ gefeaturet wird? Die Klärung dieser Fragen verschieben wir in Beyoncés Fan-Blogs, und kümmern uns um „4“, Miss Knowles‘ aktuelles Werk, das vor allem durch Opulenz und einen großen Mitarbeiterstab besticht: eine gut zehnköpfige Producer- und Komponistencrew, unter anderem bestehend aus Diplo, Kanye West und Baby Face, zeichnet für die Trackauswahl verantwortlich. Das stilistische Spektrum ist breit angelegt, reicht von klassischem Soul bis zu Dancehall-Rhythmen, Marvin Gayes „Sexual Healing“ wird gesamplet, und Outkast-Star André 3000 ist als Gastsänger dabei. Den Schwerpunkt aber bilden Breitwand-Balladen, in denen Beyoncé ihre Stimme schwindelerregende, mehroktavige Kapriolen schlagen lässt und die typischen Soulthemen verhandelt: unglückliche Liebe („I Miss You“), aussichtslose Liebe („End of Time“), beendete und wieder begonnene Liebe („Start Over“). Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber das Metier, in dem sich Beyoncé elegant und soulköniginnenhaft bewegt. Was ihr nicht so liegt, ist das ausgelassene, überschäumende Abfeiern: bei „Party“ mit André 3000 und vor allem beim M.I.A.-Rip off „Run The World (Girls)“ mit seinen trickreichen Beats wirkt Miss Knowles ziemlich fehlbesetzt. Ungefähr wie die stets ordentlich gekleidete Klassenbeste beim heimlichen Rauchen und Biertrinken. Dinge, die Beyoncé, die angeblich als Jungfrau in die Ehe mit Exmann Jay-Z ging, natürlich vorbehaltlos zu gönnen sind, aber (noch) ein wenig linkisch rüberkommen.
CD, 2011, 12 Tracks, Label: Sony
Christina Mohr02.07.2011