Jessie J

“Who You Are“

Eigentlich ist die 23-jährige Jessica Ellen Cornish alias Jessie J. eine so interessante wie sympathische Figur: gesegnet mit einer Wahnsinnsstimme, derbem Westlondoner Akzent und einem großen Talent zum Songschreiben; sie komponierte u.a. für Christina Aguilera und Justin Timberlake. Mit dem ironischen „Do It Like A Dude“, das sie ursprünglich für Rihanna geschrieben hatte, begann ihr eigener Höhenflug; ihr Debütalbum „Who You Are“ wurde in Großbritannien mit Platin ausgezeichnet. Dazu kommen Jessies spektakuläres Äußeres – sie sieht aus wie eine coole Dragqueen – und das tapfere Überstehen gesundheitlicher Rückschläge (Jessie erlitt vor einigen Jahren einen Schlaganfall): so eine Frau will man doch einfach nur toll finden oder? Jetzt kommt der Haken: Jessie J. vergleicht ihr Album mit einem iPod, auf dem „alles miteinander vermischt ist“, es sei ein Beispiel für die „stilistische Bandbreite der zeitgenössischen Musiklandschaft“. Exakt. Und dementsprechend „wischiwaschi“ klingt „Who You Are“: vorherrschend ist Convenience-R’n’B mit dicken Arrangements, in denen sie ihrer Mehroktavenstimme Auslauf gibt; daneben halbherzige Dance-, Elektro-, Soul-, Pop- und Balladenexperimente mit den handelsüblichen Autotune-Effekten und dergleichen mehr. Auf der Hitsingle „Price Tag“ featuret sie Rapper B.O.B., Geigen zwitschern bei „Nobody´s Perfect“, „Big White Room“ ist als Akustik-Liveversion zu hören. So weit, so abwechslungsreich – aber ohne eigenes Profil, obwohl Jessie J. alle Eigenschaften besitzt, die umwerfendste Künstlerin der nächsten Jahre zu sein. Zum Schluss singt Jessie: „Don´t lose who you are in the blur of the stars/it´s okay not to be okay/Just be true to who you are” – wir nehmen dich beim Wort, Sister!

CD, 2011, 13 Tracks, Label: Lava/Universal

Christina Mohr

05.06.2011