The Kills

“Blood Pressures“

Man hatte ja einige Befürchtungen, was das neue, vierte Album von The Kills anging. Jamie Hince sah man in letzter Zeit nur noch als Kate Moss‘ Begleitung in der Gala, Alison Mosshart schien mit ihren Nebenprojekten wie der All-Star-Band Dead Weather gut ausgelastet. Doch alle Sorgen sind unbegründet, The Kills sind nach wie vor das coolste Duo des Planeten, nur ihre Musik hat sich ein bisschen verändert: „Blood Pressures“ ist das bisher abwechslungsreichste, vielschichtigste und auch harmonischste Album der Kills. Weniger knochentrockener Blues, mehr Pop – auf diesen kurzen Nenner lassen sich die elf neuen Songs bringen. Wer jetzt denkt, das sei nur eine andere Bezeichnung für ein unentschlossenes Middle-of-the-Road-Produkt, soll sich bitte mal „Future Starts Slow“ oder „Heart Is A Beating Drum“ anhören, wo der typisch unmittelbare, roh-rumpelnde Kills-Punkgestus auf elektronische Beats und großartige Melodien trifft. The Kills haben ihr minimalistisches Instrumentarium (Gitarre/Bass, Drum-Machine, Gesang) um Gospelchöre, Piano und Streicher erweitert, was den Songs sehr gut tut, ohne dass der dringliche Sound verloren ginge. Man konnte sich kaum vorstellen, dass The Kills jemals andere Musik spielen würden als skelettierten Blues-Punk, aber es funktioniert fantastisch. The Kills sind das beste Beispiel dafür, dass die Mitglieder einer Band ruhig mal getrennte Wege einschlagen sollten. Wenn man sich später wieder trifft, hat man sich doch wieder mehr zu sagen – oder vorzuwerfen: Alison Mossharts Stimme ist fordernd, wütend und sexy, Hince ihr abgekämpfter, liebeskranker Gegenpart, und ob sie zusammen oder allein besser dran wären, lässt sich bei Songs wie „Nail In My Coffin“ oder „Damned If She Do“ nicht wirklich ausmachen. Anziehung, Verzweiflung, Tränen, Schweiß und Begierde – daraus bestehen die Liebeslieder der Kills, denn Liebeslieder sind es, egal wie rotzig und schmutzig sie klingen. Der letzte Track, „Pots and Pans“ ist eine von Mosshart zur Akustikgitarre gesungene Küchenmetapher – dafür, dass sie in ihren Töpfen und Pfannen nicht mehr genug Liebe für ihren Partner findet. Das ist fast schon Folk, und auch der gelingt den Kills sehr gut.

CD, 2011, 11 Tracks, Label: Domino Records

Christina Mohr

26.04.2011