Lykke Li

“Wounded Rhymes“

Es ist schon ziemlich auffällig, dass sich derzeit so viele junge Musikerinnen/Sängerinnen an der Vergangenheit orientieren: Britta Persson oder das Duo She & Him frönen leichtem Sixties-Girlpop, Anna Calvi mischt dunklen Blues in Phil Spector’sche Walls of Sound. Auch die Schwedin Lykke Li zieht es nach ihrer ersten Platte „Youth Novels“, die stilistisch zum Singer-/Songwriter-Pop gezählt werden kann, in die musikalische Historie. Ordentlich Hall und Reverb, Orgeln und Schellenkränze der Beat-Ära verbreiten nostalgische Stimmung wie ein Film im Breitwandformat. Düsternis und Melancholie hängen über den zehn Songs von „Wounded Rhymes“, die laut Lykke Li ihre veränderte, gereifte Persönlichkeit ausdrücken. Nach ihrem erfolgreichen Debüt bekam die 1986 geborene Li eine Menge mit vom Showgeschäft – zu viel für ihr Empfinden. Sie zog sich zurück, in die Wüste östlich von Los Angeles. Und hörte Leonard Cohen, Neil Young und Velvet Underground. Klar, dass man da schwermütig wird – und vielleicht gar keine andere Musik mehr machen kann, als die, die auf „Wounded Rhymes“ zu hören ist. „Dieses Album muss perfekt sein. Es muss für Dekaden vorhalten“, so lautet Lykke Lis eigener Anspruch und ist wohl die Erklärung dafür, weshalb sie einen so „altmodischen“ Sound wählte: der Klang der Neuzeit ist noch nicht zeitlos genug für das, was Lykke Li sagen will. Songtitel wie „Sadness is a Blessing“, „Rich Kids Blues“ oder „Unrequited Love“ unterstreichen ihre dunkle, von Zweifel und Enttäuschung geprägte Weltsicht. Und natürlich ist es schaurig-traurig-schön, wenn Lykke Li in bester Blues-Manier singt, „Twice the pain the suffering / oh our love has gone divided / oh my Love is unrequited“ – und doch wird man den Verdacht nicht los, dass nach „Wounded Rhymes“ bei Lykke Li wieder ein kompletter Sound- und Imagewechsel ansteht…

CD, 2011, 11 Tracks, Label: Warner

Christina Mohr

18.03.2011