Lily Dahab
“Nómade“
Der Albumtitel „nómade“ ließ mich zuerst an Wandervögel, Umherirrende und an Rastlosigkeit denken. Tatsächlich ist die Wahlberlinerin Lily Dahab in ihrem Leben schon viel herumgekommen. Von Argentinien ging die Reise nach Spanien, wo sie neun Jahre lang als Musical-Darstellerin auftrat, bis die Liebe sie in die Bundeshauptstadt verschlug. Die 12 Stücke, die Lily Dahab auf ihrem neuen Album präsentiert, sind jedoch genau das Gegenteil von rastlos und umtriebig. Die Songs klingen fast ausnahmslos sehr ruhig, sehr intim, und nach richtig angekommen sein. Eröffnet wird die Scheibe mit einer sanften Ballade – „Entre tu y yo“ – in der Lily Dahabs Stimme wie eine Umarmung klingt, klar und umschmeichelnd zugleich. Überhaupt klingen die ausgewählten Stücke wie eine einzige Liebkosung, ob es sich nun um die gemeinsam mit Pianist Bene Aperdannier geschriebene Liebeserklärung „Te elegiría cada vez“ (Ich würde dich immer wieder wählen) oder um Lily Dahabs Interpretationen von Klassikern wie „Bésame mucho“ von Velázquez oder Jobims „Aguas de Março“ handelt. Die Songs klingen alle sehr intim und gefühlvoll, fließen mühelos ineinander ein, sind melodische Streicheleinheiten, bei der die Stimme der Sängerin mit der meist zurückhaltenden Instrumentierung von Klavier und Gitarre flirtet. Nur das kraftvolle „Mediteráneo“ mit Quique Sinesis virtuosen Gitarrenklängen fällt da etwas aus dem sanft dahingleitenden Melodienfluss. Bis auf den poppigen Song „Tierra“, der etwas beliebig klingt, und den ich mir mit englischem Songtext auch gut aus der Kehle Céline Dions, oder als Beitrag für eine Castingshow wie Popstars vorstellen könnte, ist Lily Dahabs Album aus einem schönen Guss: melodisch, feinfühlig, gefühlsbetont. Mit dem Mix aus ein wenig Bossa, einer Prise Tango und viel leichtem Jazz ist „nómade“ einfach wunderschön zum immer wieder Anhören.
CD, 2010, 12 Tracks, Label: Peregrina
Tina Adomako11.10.2010