Yazoo

“Reconnected Live“

Yazoo sind ein gutes Beispiel dafür, dass eine Band nicht lange existieren muss, um Spuren in der Popwelt zu hinterlassen. Auch, dass sich die Mitglieder gut verstehen, ist nicht zwingend nötig. Yazoos gemeinsame Arbeit dauerte ein Jahr und zwei Platten, dann ging man wieder getrennte Wege. Vince Clarke gründete Yazoo 1982, als er noch zu Depeche Mode gehörte. Er suchte eine Sängerin für „Only You“ – sie suchte Musiker per Anzeige im Melody Maker. Beide stammten aus Basildon/Essex, trafen sich aber erst auf diesem Wege. Den introvertierten Computerfrickler Vince und die „angry young woman“ Alison verband außer der Musik allerdings nicht viel, schon 1983 lösten sich Yazoo auf; Clarke gründete The Assembly und danach die unkaputtbaren Erasure, Moyet startete ihre Solokarriere. Auf Platte aber harmonierte das ungleiche Paar hervorragend: Clarkes minimalistische, warme Computersounds boten den perfekten Rahmen für Moyets raumgreifende Blues- und Soulstimme. Hits wie „Don’t Go“ überstehen sogar die Schmach, auf CD-Samplern wie „Wavehits der ’80er“ gelandet zu sein. Eine Reunion von Clarke und Moyet schien jedoch kategorisch ausgeschlossen. Doch dann, 2008: Alison Moyet mailt an Vince Clarke. Ob er sich vorstellen könne, das in ihren Augen abgebrochene Projekt Yazoo mit Live-Auftritten zu Ende zu bringen. Er konnte zunächst nicht. Dann doch. Sie treffen sich, um die alten Songs aufzuarbeiten – und es funkte wieder, mehr sogar als 1982. Die Chemie stimmt jetzt, die Auftritte in Schweden, Deutschland, England und den USA werden begeistert gefeiert. Nun liegt das Doppel-Livealbum „Reconnected Live“ vor und überzeugt auf ganzer Linie. Fast alle Yazoo-Songs sind zu hören, Clarkes Computer klingen frisch und lebendig, modernisiert, aber nicht „modisch“. Alison Moyet ist zu der Soul-Göttin geworden, die sich vor fast drei Dekaden schon ankündigte – bei den ersten Songs („Nobody’s Diary“, „Bad Connection“) übertreibt sie es sogar ein wenig mit der Dramatik, aber bei „Good Times“ passt dann alles. Wenn Moyet nach dem minutenlangen Applaus für „Don’t Go“ ins Publikum ruft „we came back for THIS“, glaubt man ihr aufs Wort. Mit dem Dancehit „Situation“ endet „Reconnected“ – triumphaler Abschluss des bis dahin unvollendeten Projekts.
Die Deluxe-Ausgabe von „Reconnected“ lohnt wegen der schicken Aufmachung als gebundenes Buch und des Booklets mit einem Text von Alison Moyet.

Doppel-CD, 2010, 11 + 9 Tracks, Label: Mute

Christina Mohr

06.10.2010