The Pipettes
“Earth Vs.the Pipettes“
Große Veränderungen bei den Pipettes: das 50’s- und 60’s-orientierte Damenquartett aus Brighton/UK schrumpfte zum Duo mit Herrenbegleitung, auch modisch und musikalisch sind The Pipettes kaum wiederzuerkennen. Die verbliebenen Schwestern Gwenno und Ani Saunders hängten die Polkadot-Petticoats in den Schrank, warfen sich stattdessen in glitzernde Space-Outfits und lassen auf „Earth vs. The Pipettes“ die 1980’er-Jahre aufleben. Neuerfindungen sind ja grundsätzlich nichts Schlechtes, schade nur, dass der Pipettes-Relaunch ein bisschen oll daherkommt. Schon das übergestülpte Setting wirkt reichlich abgefrühstückt (Erdenbewohner gegen Pipettes from outer Space, uahh, gähn), und auch das musikalische Konzept von Producer Martin Rushent hätte der Überarbeitung eines, nun ja, moderneren Erdlings bedurft. Die Idee, fröhlichen Discopop á la Abba, Bananarama, Pointer Sisters oder Silver Convention in die Neuzeit zu transferieren, ist an sich sehr hübsch. Songs wie „Ain’t No Talkin`“, „Stop the Music“ oder „I Always Planned to Stay“ reichen in punkto Eingängigkeit auch an die Hits der Vorbilder heran, aber in Gänze klingt „Earth vs. The Pipettes“ so, als hätte Mr. Rushent seit seinem Producer-Geniestreich, Human Leagues „Dare“ von 1981, keine neue Musik mehr gehört. Spätestens hier sollte klar geworden sein: die Pipetten überlassen älteren Herren viel zu viel. Verschweigen wir es nicht, auch die ursprünglichen Pipettes mitsamt ihres Phil Spector-Ronettes-Appeals entstanden in Männerhirnen, unter anderem dem ihres Managers Bobby Barry. Aber der wimpernbetuschte Charme von Hits wie „Pull Shapes“ und „Your Kisses Are Wasted On Me“ war unschlagbar, versprühte Spaß und Originalität. Die „neuen“ Pipettes kramen zwar weiterhin im Retro-Fundus herum, klingen aber wie eine zweitklassige Abba-Coverband. Dafür sollten sich Gwenno und Ani eigentlich zu schade sein.
CD, 2010, 12 Tracks, Label: Fortuna Pop
Christina Mohr14.09.2010