Greie Gut Fraktion
“Baustelle“
Kaum jemand weiß, dass Gudrun Gut, Berliner Elektro-Pionierin und Labelchefin, 1980 zur Ursprungsformation der Einstürzenden Neubauten gehörte. Gut verließ die Neubauten bald wieder, weil auch die Punk-Avantgardisten im Grunde ein reiner Männerverein sein wollten, und gründete mit Beate Bartels die legendäre Frauenband Malaria!, die in den frühen achtziger Jahren vor allem in den USA für Aufsehen sorgte; der Malaria!-Song „Kaltes Klares Wasser“ ist längst ein Elektro-Klassiker. Gerade hat Gudrun Gut mit der finnischen Musikerin Antye Greie als /Greie Gut Fraktion/ das Album „Baustelle“ veröffentlicht und fast ist man versucht zu sagen, dass sich damit ein Kreis schlösse – doch weit gefehlt, trotz des Industrial-mäßigen Albumtitels und Tracks wie „Baustein“, „Betongiessen“, „Mischmaschine“ oder „Make It Work“ hat „Baustelle“ nichts mit dem rohen Maschinenlärm früher Neubauten-Platten gemein. Zwar sampelten Greie und Gut für „Baustelle“ Geräusche von Bohrmaschinen, Kreissägen und Betonmischern, aber Gudrun Gut ist nicht ohne Grund Moderatorin der Radiosendung „Ocean Club“: Guts Obsession für Wasser, für alles Fließende, Ozeanische, ist auch auf der Greie-Gut`schen Baustelle hör- und spürbar. Gut, die „nie Angst vor Technik“ hatte, zaubert aus ihren Geräten organische Klänge, füllt Techno mit Wärme und Eleganz. So wird Palais Schaumburgs „Wir bauen eine neue Stadt“ (Gudrun Guts Referenz an die Achtziger) bei Greie Gut Fraktion vom zackigen Wave-Funk-Stück zu einer warm groovenden Nummer, die man sich gar nicht mehr anders denken kann. Klang Guts Stimme früher bei Malaria! überzogen theatralisch, zieht sie heute geheimnisvolles Flüstern und Raunen vor. Auf „Baustelle“ gibt es nichts Hartes, Eckiges, Schrilles; Greie und Gut formen schillernde Soundmäander, assoziative Textfragmente verbinden sich mit hypnotisierenden Loops im Downtempo-Beat. Das EBM typische Motiv der /Arbeit/ („Make It Work“) wird von Greie Gut Fraktion quasi-erotisch neu definiert. „Baustelle“ steckt voller Überraschungen, die die HörerInnen aber niemals überrumpeln – Gudrun Guts Musik ist stark, nicht grob.
CD, 2010, 11 Tracks, Label: Monika
Christina Mohr01.07.2010