Brigitte Angerhausen
“Beyond The Border“
Die Tonproduzentin Brigitte Angerhausen hat mit diesem Album eine Grenzüberschreitung gewagt – beziehungsweise die Seiten gewechselt: Saß sie doch jahrelang als Tonproduzentin erfolgreich vor der Glasscheibe eines Studios, so sitzt sie in „Beyond The Border“ zum ersten Mal als musizierende Künstlerin hinter der Glasscheibe und stellt sich als Pianistin der Öffentlichkeit. Dabei kommt ihr ihre langjährige Ausbildung und Erfahrung zugute. Seit dem fünften Lebensjahr ist das Klavier ihr Instrument; sie spielte bereits zahlreiche klassische Konzerte. Nach einem Tonmeisterstudium in den USA spielte sie in diversen Bands und arbeitete mit zahlreichen nationalen und internationalen Stars, darunter Mark Knopfler, Lydie Auvray und dem Vokalensemble Singer Pur.
In ihrem Debutalbum präsentiert die Pianistin Angerhausen größtenteils instrumentalen Jazz, begleitet von hochkarätigen Musikern wie dem Saxophonisten Frank Sackenheim, den Brüdern Gunther Tiedemann (Cello) und Markus Tiedemann (Gitarre) und dem Percussionisten Christoph Hillmann. Zwei der insgesamt neun Titel werden von der Sängerin Anne Hartkamp begleitet, die im zweiten Song „(Laugh) Until We Cry“ wesentlich intonationssicherer wirkt als im ersten. Die Musik ist, trotz der Melancholie, leicht und gläsern und wirkt fast schon ein bisschen zerbrechlich. Hier und da hätten es auch gerne ein paar lebhaftere, schnellere Songs sein können. Trotz der sehr guten Qualität der Musik vermisst man experimentellere und gewagtere Klangfolgen. Die Harmonik bleibt im Großen und Ganzen bei den gängigen Jazzschemata. Noch ein paar Worte zur Rolle des Klaviers: Es übernimmt zu selten die Funktion des führenden Instruments. Prinzipiell ist es ja sympathisch und zeugt von einem ausbalancierten Klangkörper, wenn ein Instrument nicht alle anderen dominiert. Aber es kommt ab und an der Eindruck auf, dass es sich bei „Beyond The Border“ um ein Saxophon-Album mit Begleitung handelt. Auch in diesem Bereich wünscht man sich mehr Extravaganz. Insgesamt aber ist der Einstand von Angerhausen als Jazzpianistin gelungen und man darf sehr auf ihr zweites – hoffentlich extravaganteres – Album gespannt sein.
CD, 2010, 9 Tracks, Label: Westpark
Sandra Müller-Berg20.06.2010