Wendy McNeill
“A Dreamer’s Guide to Hardcore Living“
Ein heulender Wolf auf dem Cover und der Begriff „Folk Noir“ im Presseinfo – schnell könnte es passieren, Wendy McNeill als ätherische „Folkelfe“ abzustempeln, doch das wäre falsch: McNeills Stimme ist klar und fest und dabei nicht das einzige Alleinstellungsmerkmal auf „A Dreamer’s Guide to Hardcore Living“, dem sechsten Album der Kanadierin. Als Kind hörte sie die Countryplatten ihrer Eltern, die Black Sabbath-und Abba-Alben ihrer älteren Geschwister, wurde als Highschool-Girl zum Gothic-Fan und komponierte später eigene Stücke, die sich an Steve Reichs Minimalmusic und Avantgarde-KünstlerInnen wie Laurie Anderson orientierten – eine Menge Einflüsse, die man auch alle aus Wendys Songs heraushören kann. Ihr Lieblingsinstrument ist heute neben der Gitarre das Akkordeon, mit dem sie den zwölf Liedern auf „A Dreamer’s Guide…“ einen Hauch des alten Paris verleiht: brüchige Polkas, verstolperte Walzer, windschiefe Melodien und skurrile Geschichten, überzogen mit dem knarzigen Charme eines angetrunkenen Tom Waits, der sich um eine gerade Haltung bemüht. Dazwischen schimmern traumgleiche, psychedelische Momente, die Songs wie „Crossing Hearts/Cutting Threads“ und „White Horses“ klingen lassen, als seien sie nicht von dieser Welt. Ihre Stimme setzt McNeill wie ein weiteres Instrument ein, sie kann glockenklar wie Joni Mitchell singen, aber auch düster knurren, wenn es gerade passt. Angeblich konnte sich Wendy als Kind nicht entscheiden, ob sie lieber Popstar oder Superheldin werden möchte – „A Dreamer’s Guide to Hardcore Living“ zeigt, dass sie beides sein kann.
CD, 2009, 12 Tracks, Label: Haldern Pop
Christina Mohr07.06.2009