Blevin Blectum

“Gular Flutter“

Blevin Blectum? Das klingt ähnlich wie Kevin Blechdom, nicht wahr? Und tatsächlich: Lorraine Kelley alias Blevin Blectum und Kristin Erickson alias Kevin Blechdom bildeten bis 2003 das Elektro-Punk-Avantgarde-Duo Blectum From Blechdoms… Bevor die verwirrende Namenansammlung den Blick bzw. das Gehör auf die Musik verstellt, wenden wir uns dem neuen Album der graduierten Elektronikkünstlerin und nebenbei als Tierarzthelferin arbeitenden Frau Blectum zu. BB nimmt auf „Gular Flutter“ eine Mittlerstellung zwischen Natur/Biologie und Technik ein; dass es in dieser Beziehung noch viele Reibungspunkte gibt, ist deutlich spürbar. Die Platte beansprucht volle Aufmerksamkeit, es zirpt, flirrt, zwitschert, blubbert bis zur Reizüberflutung, dissonante Geräuschkaskaden bilden Melodiefragmente, die umgehend dekonstruiert werden. Irrwitzige Tempiwechsel und zittrige Beats machen etwaige Tanzbarkeit (Elektro!) obsolet, geisterhafte Stimmen und turmhoch geschichtete Samples lassen eine rundum irritierende Atmosphäre entstehen. Hier und da schickt uns Blevin Blectum auf scheinbar harmlose Kinderspielplätze („Mine“, „Squeezed“, „Flowers Fade Fast“) oder läßt mit orientalischen Vibes trügerische Ruhe einkehren („Cygnet“), Tracks wie das paranoid-hypnotische „Real Live Escargot“ und das unheimliche „Retrice“ sind hingegen direkte Angriffe aufs limbische System – und den Oesophagus: der Albumtitel ist ein Begriff aus der Tiermedizin, der hitzebedingtes Pulsieren der Speiseröhre bei Vögeln bezeichnet. Von der Krake auf dem Außen- bis zu Blevin Blectums fröhlichem Lächeln im Innencover: faszinierend und verstörend.

CD, 2008, 10 Tracks, Label: aagoo

Christina Mohr

21.01.2009