Gemma Ray
“The Leader“
Die Musikpresse tut sich schwer mit „The Leader“, dem Debütalbum der aus Essex/
Südengland stammenden Songwriterin Gemma Ray: nicht nur das Cover sei scheußlich, auch die Musik sei zu düster, obwohl sich Gemmas Stimme doch hervorragend für fröhlichen Pop eignen würde. In Bezug auf ihre Stimme werden überdies obskure Vergleiche bemüht, sie klinge wie „Norah Jones on Amy Winehouse´s drugs“, wie Aimee Mann, die Nick Cave imitiert oder wie PJ Harvey als zusätzliches Mitglied der Shangri-Las. Alles unnötiger Ballast für ein Album, das zwei oder drei Anläufe braucht, sich dann aber als unverzichtbarer Begleiter für die Wintermonate entpuppt. Gemma Rays Musik ist im positiven Sinn unmodisch: eine zeitlose Melange aus 60´s-Folk, Blues, Country, Gospel und Soul, angereichert mit Bläsern, Streichern und Autoharp (gespielt von Folkmusikerin Mary Epworth). Die Grundstimmung ist somnambul und melancholisch, immer ein wenig im Surrealen schwebend und ja, durchaus düster. Die dreizehn Songs auf „The Leader“ sind ein Destillat aus den „Sick Sessions“, mehr als fünfzig Stücken, die Ray während eines langen Klinikaufenthalts komponierte: fast zwei Jahre kämpfte sie gegen eine mysteriöse Krankheit, bis heute weiß sie nicht, woran sie eigentlich litt. Gemma Rays Grenzerfahrungen zwischen Leben und Tod spiegeln sich in Songs wie „On Your Own“, „Name Your Lord“ und „New Life“ wider, doch es gibt auch leichtere, fröhliche Tracks wie „Rise of the Runt“ oder „H-H-Hannah“, die Gemma Rays große stilistische Bandbreite bezeugen. Unser Tipp: nicht von den oben genannten Vergleichen in die Irre führen lassen, sondern Gemma Ray als eigenständige Künstlerin mit viel Potenzial entdecken!
CD, 2008, 13 Tracks, Label: Bronzerat
Christina Mohr11.12.2008