Tovah
“Escapologist“
Tovah ist das hebräische Wort für Göttin – ein bedeutungsschwerer Name für eine Künstlerin, die die ersten musikalischen Gehversuche in ihrem Schwarzwälder Heimatdorf unternahm und heute in London lebt und arbeitet. Doch Tovah liebt das Spiel mit Bildern und Bedeutungen, zum Beispiel gibt sie außer den Platten von Kate Bush David Lynchs Kurzfilme als Inspirationsquelle an. Tovahs Musik strahlt allerdings kaum die typisch lynch’eske klaustrophobische Stimmung aus, vielmehr spürt man eine unterschwellige Melancholie, die daher kommt, dass Tovah während der Aufnahmen zu „Escapologist“ mehrere Todesfälle in ihrer engeren Umgebung verarbeiten mußte. Das im Albumtitel anklingende Motiv der Befreiung steht für Geburt und Tod gleichermaßen – Tovah unterstreicht musikalisch und textlich das Transzendentale beider Ereignisse: in „Come to Me“ heißt es, „You don´t have to be afraid / there´s no such thing as fate / What you feel is alright“ und im Titelsong, „Your body fell into a trap / Silent, breathless fall / You need to find a way back home“. Neben der inhaltlichen Dimension beeindruckt die Stilvielfalt auf „Escapologist“: Tovah schickte ihre noch unfertigen Klavierkompositionen zur weiteren Bearbeitung an den österreichischen Produzenten Markus Reuter, der das „Rohmaterial“ auseinandernahm und zum Beispiel mit sanften Reggaerhythmen („Alpha & Omega“) oder ausufernd-mäanderndem Dub und Ambient („Bye“) versetzte. Reuter ließ Jazzelemente („Never Escape“) und schottisch anmutende Dudelsackklänge einfließen, und scheute auch vor schwerem Hardrock („D-Day“) nicht zurück. Dass das Album trotz der vielen unterschiedlichen Arrangements nicht auseinanderbricht, liegt an Tovahs Stimme: glockenklar und elfenhaft, vergleichbar mit Enya und Tovahs großem Vorbild Kate Bush, hält sie die Songs zusammen und setzt ihnen den unverwechselbaren Stempel auf. Ein übermütiger Popsong wie „Hold On“ gelingt ihr genauso mühelos wie das beschwörende „The Fly“ und die getragene Ballade „Mamba“. Tovah ist eine wahre Entfesslungskünstlerin, die sich von allen Stil- und Genrezwängen befreit hat – und ist so gesehen David Lynch dann doch ganz nah.
CD, 2008, 11 Tracks, Label: Lola Lounge
Christina Mohr08.12.2008